Delicious: A Delicious Domination

Er­schie­nen: 05/2018
Serie: De­li­cious
Teil der Serie: 1

Genre: Soft-SM / BDSM
Zu­sätz­lich: Con­tem­pora­ry

Lo­ca­ti­on: Ski­hüt­te, Ja­mai­ka

Sei­ten­an­zahl: 324


Er­hält­lich als:
pa­per­back & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-106-0
ebook: 978-3-86495-107-7

Preis:
Print: 13,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

Er­hält­lich bei u.a.:

und allen gän­gi­gen On­line­händ­lern und im Buch­han­del

Delicious: A Delicious Domination


In­halts­an­ga­be

"Ich mag dich." Diese drei Worte und ein Kuss brin­gen Jolas Vor­satz ins Wan­ken, sich nie und nim­mer mit dem Frau­en­held Rick ein­zu­las­sen. Sein do­mi­nan­ter Charme sorgt dafür, dass sie nicht nur sei­ner ro­man­ti­schen Ein­la­dung auf eine ein­sa­me Ski­hüt­te folgt, son­dern auch auf sei­nen Vor­schlag, ein un­ge­wöhn­li­ches Spiel mit ihm zu spie­len, ein­geht: Sie­ben Tage und sie­ben Näch­te, immer im Wech­sel, müs­sen sie sich ge­gen­sei­tig einen ero­ti­schen Wunsch er­fül­len. Doch das ist nicht so ein­fach, wie ge­plant.

"Ein rich­tig guter Blo­wjob ist für mich, wenn ich merke, dass es der Frau Spaß macht. Wenn sie sich hin­gibt – für mich", ver­traut Rick ihr an und Jola ver­steht, dass ihre Wün­sche sich nur er­fül­len, wenn sie sich selbst fal­len lässt und ihm ver­traut. 

Der Ca­sa­no­va ent­puppt sich als ein Lieb­ha­ber, der die Zügel beim Lie­bes­spiel fest in der Hand hält und Jola gleich­zei­tig den Weg zur Hin­ga­be mit Ein­fühl­sam­keit ebnet. Von Tag zu Tag, von Stun­de zu Stun­de fühlt sie sich des­we­gen stär­ker zu ihm und sei­ner Do­mi­nanz hin­ge­zo­gen – und ent­deckt, wie reiz­voll es ist, sich ihm zu un­ter­wer­fen.

Als leise die Frage in ihr auf­keimt, ob da mehr als nur Be­geh­ren zwi­schen ihr und Rick sein könn­te, ist Rick plötz­lich ver­schwun­den ...

Ein ro­man­ti­scher und emo­tio­na­ler BDSM-Ro­man.

 

Über die Au­to­rin

Die Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­le­rin An­na­bel Rose kam erst über Um­we­ge zum Schrei­ben ero­ti­scher Li­te­ra­tur. Warum aus­ge­rech­net ero­ti­sche Li­te­ra­tur? Weil ihrer Mei­nung nach Ero­tik und Sex wich­ti­ger Be­stand­teil im Leben eines jeden Men­schen ist. 

An­na­bel Rose liebt Frank­reich und den Süden, Kat­zen, in­tel­li­gen­te Ge­sprä­che,...

Wei­te­re Teile der De­li­cious Serie

Le­se­pro­be

 

XXL-Le­se­pro­be bei Boo­k2­Look

 

All­mäh­lich ge­wöh­ne ich mich daran, den gan­zen Tag mehr oder we­ni­ger nackt her­um­zu­lau­fen. Aber nach dem Früh­stück haben Rick und ich uns aus­nahms­wei­se an­ge­zo­gen und sind mit dem Schnee­mo­bil ins Dorf ge­fah­ren, um ein paar Be­sor­gun­gen zu ma­chen. Der Kühl­schrank ist näm­lich bis auf zwei an­ge­bro­che­ne Glä­ser Mar­me­la­de und einen win­zi­gen Rest Käse ge­plün­dert. Rick geht mit mir in den ein­zi­gen Su­per­markt im Ort. Ob­wohl der Laden nicht über­mä­ßig groß ist, ist er gut sor­tiert. Sogar eine klei­ne Fla­sche Marc de Cham­pa­gne für die Ma­ca­rons kann ich er­gat­tern. Unser Ein­kaufs­wa­gen wird vol­ler und vol­ler, und ich frage...

...​mich all­mäh­lich, wie wir das alles auf dem Schnee­mo­bil ins Ufo brin­gen sol­len.

Rick stopft ein paar klei­ne­re Teile in den Ruck­sack und hält ihn mir hin. »Meinst du, du kannst ihn tra­gen?«

Er er­scheint mir schwe­rer als der, den ich um­hat­te, als wir hier an­ge­kom­men sind, aber ich nicke. »Ja, ich denke schon. Was ma­chen wir mit dem Rest?«

»Wir de­po­nie­ren die Sa­chen im Kof­fer­raum vom Auto. Dann brin­ge ich dich zur Hütte und fahre noch mal ins Dorf. Der Wagen muss re­pa­riert wer­den – und wenn ich zu­rück­kom­me, brin­ge ich den Rest mit. Ein­ver­stan­den?«

»Wie lange wirst du weg sein?«

»Viel­leicht zwei oder drei Stun­den. Warum?«

Die Vor­stel­lung, drei Stun­den al­lein im Ufo zu sein, be­hagt mir ir­gend­wie nicht. Was ist, wenn Rick etwas pas­siert? Da oben gibt’s kei­nen Emp­fang, kein Te­le­fon, nichts … nur Schnee und Ein­sam­keit. Dann sitze ich dort fest und kein Mensch weiß, wo ich bin.

»Hast du etwa Angst, ich komme nicht wie­der?«

»Nein, das nicht. Aber was ist, wenn dir un­ter­wegs etwas pas­siert?«

»Mir pas­siert nichts«, sagt er be­stimmt und schul­tert den gro­ßen Ruck­sack, in dem sich die üb­ri­gen Le­bens­mit­tel be­fin­den. Ge­mein­sam gehen wir zum Auto, der Schnee knirscht bei jedem Schritt unter un­se­ren Schuh­soh­len.

»Es kann immer etwas pas­sie­ren. Das kannst du nicht wis­sen.«

»Mir pas­siert schon nichts, Jola. Oder ver­traust du mir nicht?« Er mus­tert mich prü­fend und fügt mit einem Lä­cheln hinzu, das nicht zu dem leicht dro­hen­den Un­ter­ton in sei­ner Stim­me passt: »Daran müs­sen wir drin­gend etwas än­dern.«

Am Auto an­ge­kom­men, öff­net Rick die Kof­fer­raum­hau­be, lässt den schwe­ren Ruck­sack von den Schul­tern glei­ten. »Brauchst du noch etwas?«, fragt er und hat die Hand schon an der Haube, um sie wie­der zu­zu­klap­pen.

»Ja. Warte bitte.« Ich grabe in mei­nem Ge­päck herum, hole Ricks Ge­schenk her­vor und über­rei­che ihm das ziem­lich zer­knit­ter­te Päck­chen. »Hier. Dein Weih­nachts­ge­schenk.«

Er nimmt es ent­ge­gen, lässt den Blick einen Mo­ment dar­auf ruhen, bevor er die Hand­schu­he aus­zieht, das Pa­pier auf­reißt und den De­ckel des Bu­ches be­trach­tet.

»Ein Fo­to­bild­band.« Er kling über­rascht, klappt ihn auf, blät­tert durch die Sei­ten. »Der war si­cher teuer.«

»Ge­fällt er dir?«

Er nickt. »Ja. Die Fotos sind toll. Hier …«, er hält mir eine Seite hin, »siehst du? Wie der Fo­to­graf mit Licht und Schat­ten spielt, wie das Bild da­durch fast gra­fisch wirkt? Das ist eine sehr schö­ne Auf­nah­me. Danke, Süße.« Das Buch ver­schwin­det im Ruck­sack bei den Le­bens­mit­teln, Rick drückt die Kof­fer­raum­hau­be zu. »Ich sehe es mir nach­her in Ruhe an, okay? Lass uns zu­rück­fah­ren.«

Wir stei­gen auf das Schnee­mo­bil und sind eine halbe Stun­de spä­ter wie­der in un­se­rem Lie­bes­nest an­ge­kom­men. Rick will sich um­ge­hend ver­ab­schie­den, aber dann hält er inne, stellt den Lap­top auf den Kü­chen­block und macht ihn an.

»Wenn du Lan­ge­wei­le hast, kannst du ein paar von mei­nen Bil­dern an­se­hen.« Er zeigt mir ein Ver­zeich­nis. »Das Pass­wort ist Gas­t1204. Kannst du dir das mer­ken?«

Ich nicke. »Ja, si­cher. Ist leicht. Zwölf­ter Vier­ter. Mein Ge­burts­tag.«

Ein Grin­sen um­spielt seine Lip­pen. »Ich weiß. Und auch, dass du nächs­tes Jahr drei­ßig wirst.«

Mir klappt der Un­ter­kie­fer her­un­ter. Ich bin sprach­los. »Du hast mei­nen Ge­burts­tag als Pass­wort be­nutzt?«

»Ja. Hast du was da­ge­gen?«

»Ich … ähm … nein. Na­tür­lich nicht. Ich bin nur … über­rascht. Und ich darf mir alles an­se­hen?«

»Ja. Alles, was sich mit dem Pass­wort öff­nen lässt. Be­ruf­li­ches darf ich dir lei­der nicht zei­gen – alles an­de­re kannst du nach Her­zens­lust durch­wüh­len. Aber viel Span­nen­des wirst du nicht fin­den. Die Bil­der sind wirk­lich das Beste auf die­sem Rech­ner.« Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn. »Bis nach­her. Mach dich schön für mich. Wenn ich wie­der­kom­me, spie­len wir ein biss­chen.«

Er geht zur Tür, ich sehe ihn auf das Schnee­mo­bil auf­stei­gen, er winkt noch ein­mal, dann ent­fernt er sich und ver­schwin­det im Dun­kel der Bäume. Ich bin al­lein. Ein merk­wür­di­ges Ge­fühl macht sich in mir breit. Ob­wohl er kaum eine Mi­nu­te fort ist, fühle ich mich ohne ihn plötz­lich ir­gend­wie leer. Es ist er­schre­ckend, wie schnell ich mich an seine An­we­sen­heit ge­wöhnt habe – und wie sehr sie mir fehlt. Was soll das nur wer­den, wenn wir wie­der in der Firma sind und uns nicht jeden Tag sehen? Will er das über­haupt? Mich wei­ter­hin jeden Tag sehen? Jetzt reiß dich mal zu­sam­men, Jo­lan­ka! Du machst dir schon wie­der Ge­dan­ken über un­ge­leg­te Eier! Warte doch erst mal ab.

Ich gebe mir einen Ruck, gehe ins Schlaf­zim­mer, um end­lich den Over­all los­zu­wer­den, in dem ich be­reits an­fan­ge zu schwit­zen. Ich krame Strümp­fe, Strap­shal­ter und He­be-BH aus der Schub­la­de und ziehe alles an. So­fort fühle ich mich bes­ser, auf eine son­der­ba­re Art be­freit. Als ob ich eine Ver­klei­dung ge­tra­gen hätte und mich jetzt un­ge­schminkt geben kann. Eben so, wie ich wirk­lich bin.

Ich be­schlie­ße, mit den Ma­ca­rons an­zu­fan­gen und Rick damit zu über­ra­schen, wenn er zu­rück­kommt. Die Zu­ta­ten dafür waren alle im Ruck­sack: Milch, Man­deln, Pu­der­zu­cker, Va­nille­pud­ding, Eier, But­ter, zwei Sor­ten Likör und Le­bens­mit­tel­far­be. Ich binde mir eine Schür­ze um, lasse zu­nächst die But­ter weich wer­den und küm­me­re mich darum, die ge­mah­le­nen Man­deln und den Pu­der­zu­cker noch ein­mal durch­zu­sie­ben, da­nach koche ich den Va­nille­pud­ding und lasse ihn ab­küh­len. Jetzt geht’s an den Ma­ca­rons-Teig: Ei­weiß steif schla­gen, dann erst Pu­der­zu­cker und zu­letzt die Man­deln un­ter­he­ben. Ich stel­le eine Hälf­te in den Kühl­schrank, in die an­de­re gebe ich ein paar Trop­fen rote Le­bens­mit­tel­far­be, bis die Masse einen schö­nen, ro­sa­ro­ten Pas­tell­ton hat. Eine Spritz­tül­le gab es in dem Su­per­markt lei­der nicht, aber ein Ge­frier­beu­tel mit ab­ge­schnit­te­ner Spit­ze tut es auch. Vor­sich­tig tupfe ich fünf Rei­hen mit je sechs Tuffs auf das Back­pa­pier und be­trach­te mein Werk. Sie haben einen guten Stand und sind fast alle gleich groß. Per­fekt. Ich ent­sor­ge die Plas­tik­tü­te und mache ein biss­chen Ord­nung, denn jetzt be­ginnt die lang­wei­li­ge Phase beim Ma­ca­rons­ba­cken: das War­ten, bis die Masse ge­nü­gend an­ge­trock­net ist, bevor sie in den Ofen kann. Ver­dammt! Der Ofen! Den hätte ich bei­na­he ver­ges­sen. Ich schal­te ihn ein, stel­le den Timer auf zwan­zig Mi­nu­ten, damit der Back­ofen die rich­ti­ge Tem­pe­ra­tur hat, wenn die Ma­ca­rons so weit sind, und stehe da­nach etwas rat­los in der Küche.

Mein Blick fällt auf Ricks Lap­top. Soll ich wirk­lich? Ich meine: Ken­nen wir uns be­reits so gut, dass ich in sei­nen Pri­vat­sa­chen her­um­stö­bern darf? Ich gebe zu: Es juckt mich in den Fin­gern. Alles, was sich mit dem Pass­wort öff­nen lässt, kannst du nach Her­zens­lust durch­wüh­len, klingt mir seine Stim­me im Ohr. Na schön! Rick hat lei­der recht: Ich bin wohl tat­säch­lich die neu­gie­rigs­te Per­son der Welt. Of­fen­bar hat er aber Vor­keh­run­gen ge­trof­fen, damit ich nur das sehen kann, was ich soll. Also gehe ich um den Block herum, setze mich auf einen der bei­den Ho­cker, klap­pe den Bild­schirm nach oben und gebe das Pass­wort ein. So­fort er­scheint das Ver­zeich­nis, das er mir ge­zeigt hat, bevor er ab­ge­fah­ren ist. Ich kli­cke auf den Ord­ner Bil­der, der Da­ten­baum öff­net sich. Fünf Un­ter­ord­ner sind dort. Alle hei­ßen mehr oder we­ni­ger gleich: Men­schen, ge­folgt von einer Jah­res­zahl.

Ich ent­schei­de mich für die gol­de­ne Mitte. Wie­der gibt es zwei Ord­ner: Öf­fent­lich und Pri­vat. Ich führe die Maus auf den öf­fent­li­chen Ord­ner und es er­scheint eine Flut von Bil­dern. Alles Men­schen aus dem öf­fent­li­chen Leben: viele Po­li­ti­ker, Leute aus Film und Fern­se­hen, Sport­ler … alles Mög­li­che. Eins ist aber allen Bil­dern ge­mein: Es sind Mo­ment­auf­nah­men, Schnapp­schüs­se, die in einem Au­gen­blick ent­stan­den sind, in dem die Per­so­nen sich un­be­ob­ach­tet ge­fühlt haben müs­sen, denn sie schau­en be­sorgt, wü­tend, trau­rig … nach innen ge­kehrt. Es ist, als wenn Rick ein klei­nes Stück ihrer Seele fo­to­gra­fiert hätte. Ich bin so fas­zi­niert davon, dass ich zu­sam­men­zu­cke, als der Timer des Back­ofens piepst.

Wi­der­stre­bend er­he­be ich mich, schie­be das vor­be­rei­te­te Blech in den Ofen und hole die an­de­re Hälf­te der Ma­ca­rons-Mas­se aus dem Kühl­schrank, sprit­ze wie­der fünf Rei­hen mit je sechs Tuffs auf das Back­pa­pier und kehre zum Lap­top zu­rück.

Meine Wahl fällt die­ses Mal auf Pri­vat. Ich bin ent­täuscht. Nur gut ein Dut­zend Bil­der. Alles Por­träts von Leu­ten, die ich nicht kenne. Sie gu­cken ernst, müde, trau­rig … Ich nehme mir den nächs­ten Ord­ner vor, wähle di­rekt den pri­va­ten Un­ter­ord­ner. Schon bes­ser. Eine ganze Reihe von Auf­nah­men mit Por­träts – aus­schließ­lich Frau­en. Sie haben fast alle die Augen ge­schlos­sen, den Mund wie zum Schrei ge­öff­net, aber sie sehen nicht aus, als ob sie Schmer­zen hät­ten. Im Ge­gen­teil, man­che lä­cheln sogar. Die Fotos zei­gen ihre Ge­sich­ter in Nah­auf­nah­me, einen Teil des Hal­ses oder der Schul­tern kann man auch er­ken­nen, aber ir­gend­et­was fehlt. Ich blät­te­re vor und zu­rück, be­trach­te die Auf­nah­men wie­der und wie­der – und dann habe ich es. Auf kei­nem der Bil­der ist ein Klei­dungs­stück zu sehen. Nicht mal der An­satz eines Kra­gens oder T-Shirts. Nichts. Die Er­kennt­nis durch­zuckt mich wie ein Blitz: Sie sind alle nackt! Und nicht nur das. Die­ser Aus­druck im Ge­sicht, der ge­öff­ne­te Mund … sie haben einen Or­gas­mus.

Oh mein Gott! Rick hat all diese Frau­en fo­to­gra­fiert, als sie Sex hat­ten. Aber mit wem? Doch nicht mit ihm? Oder? Der Ge­dan­ke, Rick könn­te mit all die­sen Frau­en Sex ge­habt haben, ge­fällt mir über­haupt nicht und hin­ter­lässt ein boh­ren­des Ge­fühl in mei­nem Bauch. Zum Glück mel­det sich der Timer des Back­ofens. Die erste Char­ge ist fer­tig. Ich hole sie her­aus, setze das Blech vor­sich­tig ab und schie­be die wei­ßen Tuffs in den Ofen. Die But­ter ist in­zwi­schen weich genug und lässt sich gut mit dem ab­ge­kühl­ten Va­nille­pud­ding ver­rüh­ren. Auch diese Masse teile ich und gebe in die eine Hälf­te ein wenig Cas­sis­li­kör, in die an­de­re Marc de Cham­pa­gne. Ich löse das Ge­bäck von dem Back­pa­pier, be­strei­che die eine Hälf­te der Füß­chen mit der Cas­sis­creme und setze einen zwei­ten Tuff da­ge­gen. Fer­tig. Die ro­sa­ro­ten Ma­ca­rons wan­dern in den Kühl­schrank, ge­ra­de recht­zei­tig, um die wei­ßen aus dem Ofen zu neh­men und eben­falls mit Creme zu be­strei­chen. Nach­dem auch sie im Kühl­schrank ver­staut sind, lege ich die Schür­ze ab und setze ich mich wie­der vor den Lap­top.

Der letz­te Ord­ner ist der ak­tu­ells­te. Es juckt in mei­nen Fin­gern. Ein Klick und er öff­net sich. Hier gibt es wie zuvor zwei Un­ter­ord­ner, aber kei­nen Öf­fent­li­chen mehr. Der eine heißt Pri­vat und der an­de­re Pri­va­tis­si­me. Vor lau­ter Auf­re­gung be­kom­me ich feuch­te Hände, fühle mein Herz po­chen. Dann stre­cke ich die Hand nach der Maus aus und be­we­ge den Zei­ger auf Pri­va­tis­si­me. Es ploppt ein Fens­ter auf:

Geben Sie das Pass­wort ein.

Ich ver­su­che es mit Gas­t1204.

Fehl­an­zei­ge. Geben Sie das Pass­wort ein.

Hm. Scha­de. Aber damit habe ich rech­nen müs­sen. Also gehe ich ein wei­te­res Mal auf Pri­vat. Ein Klick und der klei­ne Ak­ten­ord­ner auf dem Bild­schirm klappt auf. Ich er­ken­ne jede Menge Schwarz-Weiß-Bil­der, ein Video ist eben­falls dabei. Ich be­schlie­ße, mir zu­nächst die Bil­der an­zu­se­hen und das Video für spä­ter auf­zu­he­ben. Die­ses Mal sind nicht nur Frau­en ab­ge­lich­tet, es sind auch Män­ner dabei – aber die Ge­sich­ter der Frau­en ste­hen wie­der im Vor­der­grund. Je län­ger ich sie be­trach­te, umso mehr Emo­tio­nen ent­de­cke ich darin. Und ob­wohl es sich um all­täg­li­che Per­so­nen han­delt und nicht etwa um Mo­dels, liegt eine ganz ei­ge­ne Schön­heit in den Ge­sich­tern. Im Ge­gen­satz zum letz­ten Ord­ner hat Rick hier auch die Kör­per der Frau­en fo­to­gra­fiert. Ei­ni­ge sind mit Sei­len ge­fes­selt. Bon­da­ge, schießt es mir durch den Kopf. Na­tür­lich kenne ich den Be­griff, aber das hier hat rein gar nichts mit mei­ner Vor­stel­lung von Ge­fes­selt­sein zu tun. Die Frau­en auf den Bil­dern sind näm­lich nicht ein­fach an einen Stuhl oder ein Bett ge­bun­den. Die Seile und Kno­ten um ihre Kör­per er­ge­ben in­ter­es­san­te Mus­ter und las­sen ganz neue For­men ent­ste­hen. Eins der Fotos zeigt den Kör­per einer Frau, nach­dem die Fes­seln ent­fernt wur­den. Die Ril­len des Seils sind deut­lich als Ab­drü­cke in der Haut zu er­ken­nen. Es sieht wun­der­schön aus. Aber tut das nicht weh? Wenn ich mir die Ge­sich­ter der Frau­en an­se­he, möch­te ich mei­nen nein. Sie sehen nicht so aus, als ob sie unter schreck­li­chen Schmer­zen lei­den. Viel­mehr ist ihr Blick ir­gend­wie ab­we­send. Ent­rückt. Ich meine sogar so etwas wie Ge­nuss in den Ge­sich­tern zu be­mer­ken.

Ich möch­te wis­sen, was auf dem Video ist und be­we­ge den Maus­zei­ger auf das Sym­bol. Der Film­be­trach­ter öff­net sich, das Video lädt. Die Ka­me­ra ist un­ru­hig, wa­cke­lig, ich muss genau hin­se­hen, um etwas zu er­ken­nen – dann wird das Bild ruhig und klar. Ich sehe ein Po­dest, auf dem ein sta­bi­les Me­tall­ge­rüst auf­ge­baut ist. Drum­her­um ste­hen viele Leute, die auf ir­gend­et­was zu war­ten schei­nen. Ein Mann und eine Frau be­tre­ten die Bühne. Er trägt eine schwar­ze Hose, sonst nichts, sie hat einen halb trans­pa­ren­ten schwar­zen Body an, ihre Haare sind zu einem Dutt hoch­ge­steckt. Er fes­selt zu­nächst ihre Hände, indem er Seile um die Hand­ge­len­ke wi­ckelt und die Enden durch einen Me­tall­ring zieht, so­dass die Frau mit er­ho­be­nen Armen im Raum steht. Als Nächs­tes kno­tet er das Seil um ihre Tail­le, Hüfte, Ober­schen­kel und führt auch hier die Enden durch den Me­tall­ring. Schließ­lich zieht er mit aller Kraft an dem Seil – und die Frau schwebt mit einem Mal waa­ge­recht in der Luft.

Es folgt ein Cut. Die Auf­nah­me ist kurz un­ter­bro­chen, dann sehe ich den Mann aus einer an­de­ren Per­spek­ti­ve an den Sei­len zie­hen. Er legt sich dabei sogar auf den Boden – bis die Frau kopf­über und senk­recht in der Luft schwebt. Er fi­xiert sie in die­ser Po­si­ti­on und gibt ihr einen Schubs. Sie schwingt sanft hin und her. Ihr Kör­per hängt nur an den Sei­len, die sich um ihre Tail­le, Hüfte und das eine Bein win­den, das an­de­re Bein ist frei und an­ge­win­kelt, die Hände hin­ter dem Kopf ge­fes­selt. Die Ka­me­ra zoomt auf ihr Ge­sicht. Es sieht ge­ra­de­zu fried­lich aus. Dann ist der Film zu Ende, die Frau ist als Stand­bild auf dem Mo­ni­tor zu sehen.

Ich be­trach­te sie noch einen Mo­ment, bin fas­zi­niert von ihrer Aus­strah­lung, ihrem fried­vol­len Ge­sicht. Dann aber drü­cke ich die Es­cape-Tas­te und blät­te­re ein wei­te­res Mal durch die Fotos. Eins ge­fällt mir be­son­ders gut. Es zeigt eine Frau, die mit dem Rü­cken an der Brust eines Man­nes lehnt, ihr Kopf ist seit­lich nach hin­ten ge­kippt. Sein lin­ker Arm um­schließt ihre Tail­le, der an­de­re Arm liegt halb auf ihrem Brust­korb, seine Hand an ihrer Kehle. Die Augen der Frau sind ge­schlos­sen, ihr Mund ist leicht ge­öff­net. Es er­in­nert mich daran, wie Rick seine Hand auf meine Kehle ge­legt hat. Es hat sich gut für mich an­ge­fühlt – und ich kann bei­na­he nach­emp­fin­den, was die Frau auf dem Bild ge­fühlt haben muss, als das Foto ent­stan­den ist.

Ich bin so in den An­blick ver­sun­ken, dass ich nicht mit­be­kom­men habe, dass das Schnee­mo­bil vor dem Ufo an­ge­hal­ten hat. Erst als sich die Tür zum Ufo öff­net und kalte Luft her­ein­strömt, merke ich, dass Rick zu­rück ist.

»Wie ich sehe, hast du die Bil­der ge­fun­den«, sagt er, indem er den Rie­sen­ruck­sack auf der Tisch­plat­te ab­setzt und mir einen Kuss auf die Wange haucht. »Was siehst du dir ge­ra­de an? Zeig mal her.« Er beugt sich über mich und schaut auf den Mo­ni­tor. »Ge­fällt dir das Bild?«, fragt er und zieht sich den Over­all aus.

»Ja. Ich finde es sehr schön.«

»Ich auch«, ent­geg­net er, öff­net den Kühl­schrank und be­ginnt, den Ruck­sack zu lee­ren. »Oh, du warst ja flei­ßig!« Er nimmt sich eins von den fri­schen roten Ma­ca­rons und schiebt es sich in einem Happs in den Mund. »Mmmh! Wun­der­voll!«, mur­melt er mit halb vol­lem Mund und schnappt sich eins von den wei­ßen. Ich ver­las­se mei­nen Platz vor dem Lap­top und helfe Rick, die Sa­chen in den Kühl­schrank und die Re­ga­le zu räu­men. »Die sind köst­lich.« Er greift sich noch eins von den roten. »Alle für mich?«

»Du kannst sie gern alle auf­es­sen«, ent­geg­ne ich groß­zü­gig.

»Womit sind die wei­ßen ge­füllt?«

»Marc de Cham­pa­gne. Ich dach­te, sie pas­sen gut zu dei­ner hei­ßen Scho­ko­la­de.«

Er nickt, kaut zu Ende. »Um auf die Bil­der zu­rück­zu­kom­men«, sagt er, nach­dem er den Mund ge­leert und sich die Fin­ger ge­nie­ße­risch ab­ge­leckt hat, »ich mag diese Geste. Sehr. Sie hat so etwas Ar­chai­sches an sich.«

»Ar­cha­isch?«

»Ja. Etwas, das tief in uns ver­wur­zelt ist, das an un­se­re In­stink­te ap­pel­liert. Wie bei Raub­tie­ren zum Bei­spiel. Hast du mal ge­se­hen, was die ma­chen, wenn eine Si­tua­ti­on zu brenz­lig wird? Dann dre­hen sie sich auf den Rü­cken und bie­ten dem An­füh­rer ihren Bauch und ihre Kehle dar. Ihre ver­wund­bars­ten Stel­len. Sie lie­fern sich ihm auf Ge­deih und Ver­derb aus. Es ist eine Geste der Un­ter­wer­fung.« Er stellt sich ganz nah vor mich, fi­xiert mei­nen Blick, legt seine Hand in mei­nen Na­cken. »Nicht nur bei Raub­tie­ren«, sagt er leise und lässt die Hand um mei­nen Hals herum glei­ten, bis sein Dau­men auf mei­ner Kehle liegt. »Wie ist das für dich? Hast du Angst, wenn ich dich so an­fas­se?«

»Nein.«

»Nein? Ich könn­te aber zu­drü­cken. Macht dir das keine Angst?«

»Nein.«

»Sag mir, was du fühlst.«

»Als du das ges­tern ge­macht hast, habe ich ge­dacht, du willst mich haben. So, als wenn ich dir ge­hö­ren soll.«

»Und fühlst du das jetzt auch?«

»Ja.«

Ein klei­nes Lä­cheln er­scheint um seine Mund­win­kel, er nickt. »Ja«, flüs­tert er und zieht mich mit dem an­de­ren Arm an sich. »Und ist das ein gutes Ge­fühl für dich?«

Meine Emo­tio­nen fah­ren schon wie­der Ach­ter­bahn. Es kommt mir alles so un­wirk­lich vor. Als wäre ich eine Schau­spie­le­rin in einem Lie­bes­film. Ja, es fühlt sich wun­der­bar an. Aber es zu sagen, es zu­zu­ge­ben … Ich habe Angst, es aus­zu­spre­chen. Angst vor dem, was da­nach mit mir ge­schieht. Schwei­gend er­wi­de­re ich Ricks Blick, meine Lip­pen sind wie zu­ge­ta­ckert.

»Sag es, Jola«, flüs­tert er und kommt mei­nem Ge­sicht noch näher. »Fühlt es sich gut für dich an? Sag’s mir!«

Ich schlu­cke hart, schlie­ße die Augen. Es fällt mir ir­gend­wie leich­ter, wenn ich ihn dabei nicht an­se­hen muss.

»Ja«, wis­pe­re ich kaum hör­bar. »Es fühlt sich gut für mich an.«

Er klingt er­leich­tert, ein An­flug von Freu­de und Glück ist in sei­ner Stim­me, als er flüs­tert: »Oh Jola!«

Im nächs­ten Au­gen­blick wird mein Kopf nach hin­ten ge­bo­gen, Ricks Lip­pen be­rüh­ren meine. In null Komma nichts er­obert seine Zunge mei­nen Mund. Sein Kuss ist stür­misch. Lei­den­schaft­lich. Be­sitz­er­grei­fend. Mir wird schwin­de­lig, ich muss mich an ihm fest­hal­ten.

»Dann ver­traust du mir also doch ein wenig?«

Ich brin­ge ein schwa­ches Ni­cken zu­stan­de. Er lä­chelt, seine Augen blit­zen. »Mach die Augen zu, Süße.«

Ich tue es und höre erst einen Reiß­ver­schluss, da­nach das Ra­scheln einer Plas­tik­tü­te. Selt­sam. Ich dach­te, wir hät­ten den Ruck­sack kom­plett aus­ge­packt. Was hat er denn noch darin? Ich komme nicht dazu, mir die Frage zu be­ant­wor­ten. Statt­des­sen zucke ich zu­sam­men, als sich etwas Sei­di­ges um meine Augen legt und am Hin­ter­kopf fest­ge­zurrt wird.

»Was … ist das?«, frage ich und taste über mein Ge­sicht.

Rick nimmt meine Hände von den Augen und hält sie fest. Mein Puls schal­tet um­ge­hend einen Gang höher.

»Eine Au­gen­bin­de. Siehst du noch etwas?«

Ich schüt­te­le den Kopf. »Nein. Es ist alles pech­schwarz.«

»Gut.«

»Warum …? Wieso …? Was hast du vor?«

»Sehen, wie weit du mir ver­traust. Bleib bitte einen Mo­ment so ste­hen.«

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