Nach einem Verrat hat Drake McGinn dem Eishockey den Rücken gekehrt. Werden die Titans seine Chance sein, seinen Namen reinzuwaschen und erneut als Spieler durchzustarten?
Nach unserer Trennung startete meine Ex-Frau eine Hetzkampagne gegen mich und behauptete, dass ich auf Eishockey wette und absichtlich Spiele verliere. Die Lügen meiner Ex waren keine Überraschung, aber die Tatsache, dass die Medien, die Liga und die Fans ihren haltlosen Behauptungen Glauben schenkten, war unverzeihlich. Ich ließ alles hinter mir und blickte nie zurück.
Ich habe mich mit dem Leben als alleinerziehender Vater von drei Jungs abgefunden und bin zufrieden. Ich habe mehr Geld, als ich jemals ausgeben könnte, und jede Menge Zeit, um zu tun, was ich will. Als Brienne Norcross, die Teambesitzerin der Pittsburgh Titans, bei mir zu Hause auftaucht und mir einen Job anbietet, weise ich sie ab. Aber die knallharte Milliardärin mit den sündhaft verführerischen roten Lippen und den mörderischen Stöckelschuhen, die an ihr in meinem Bett noch heißer aussehen würden, akzeptiert kein "Nein" als Antwort.
Jetzt muss ich eine Balance zwischen dem Eishockey, meinen Jungs und der explosiven Chemie zwischen Brienne und mir finden. Ein verstoßener Hockeyspieler und die einzige weibliche Teambesitzerin der Liga? Mir fallen eine Million Gründe ein, warum das nicht funktionieren kann - aber ich kann mich nicht dazu durchringen, mich auch nur an einem einzigen davon zu stören.
Das Spiel läuft.
Seit ihrem Debütroman im Jahr 2013 hat Sawyer Bennett zahlreiche Bücher von New Adult bis Erotic Romance veröffentlicht und es wiederholt auf die Bestsellerlisten der New York Times und USA Today geschafft.
Sawyer nutzt ihre Erfahrungen als ehemalige Strafverteidigerin in...
Brienne
Der Fahrer biegt erneut links ab und lenkt den Wagen in eine Sackgasse. Er folgt der Straße bis zum Ende. Hier grenzt sie an ein Maisfeld. Auf der rechten Seite steht ein hübsches dunkelgraues Haus im Handwerkerstil mit weißen Zierleisten und grob behauenen Holzbalken entlang der Veranda. Beide Tore der Doppelgarage sind geschlossen, aber in der Einfahrt steht ein großes Motorrad.
„Sie müssen nicht aussteigen“, sage ich zu dem Fahrer. „Warten Sie bitte einfach hier.“
„Ja, Ma’am“, antwortet er, als ich die Tür öffne.
Ich steige aus und streife das Jackett meines Hosenanzugs glatt, den ich für die...
...heutige Fahrt gewählt habe. Er ist eisblau, mit einem Stehkragen und einer passenden schmal geschnittenen Hose, die mir bis knapp über den Knöchel reicht. Meine cremefarbenen Stuart Weitzmans haben zehn Zentimeter hohe Absätze, die einige sicher als gefährlich erachten würden. Ich kann in den Schuhen nicht nur arbeiten, sondern sogar darin laufen und finde es gut, dass der Absatz meiner Körpergröße von eins siebzig einen Schub gibt. Wenn man in einer Männerdomäne beschäftigt ist, ist es von Vorteil, als stark wahrgenommen zu werden, und manchmal reicht dafür schon die Illusion, groß gewachsen zu sein.
Nach dem Logo auf dem Benzintank zu urteilen, ist das Motorrad eine Harley. Ich frage mich, ob er Besuch hat, und ich vielleicht störe.
Aber das würde mich ohnehin nicht aufhalten. Ich bin auf einer Mission, die unglaublich wichtig für die Zukunft des Eishockeyteams der Titans ist.
Ich gehe den Bürgersteig hinauf, wobei meine Absätze auf dem sonnengewärmten Betonboden ein klackerndes Geräusch von sich geben. Nachdem ich gerade drei Schritte zurückgelegt habe, wird die Haustür geöffnet und Drake McGinn kommt heraus.
Mit fast zwei Metern Körpergröße ist Drake eine imposante Erscheinung. Kein Mann sollte das Recht haben, derart gefährlich und gleichzeitig so sündhaft sexy auszusehen. Für gewöhnlich stehe ich auf frisch rasierte Männer mit ordentlicher Frisur. Clay hat perfekt gestyltes Haar, alterslose Haut, denn er verwendet regelmäßig Pflegeprodukte, und den schlanken Körper eines Läufers. Seine Hände sind perfekt manikürt und geschmeidig, da er beruflich an Gehirnen und Rückenmark operiert.
Drake McGinn sieht aus, als wäre er gerade von der Bühne irgendeiner Spelunke getreten, nachdem er die ganze Nacht in einer Heavy Metal Band gespielt hat. Er ist von oben bis unten mit Tattoos übersät, und obwohl sein Bart ordentlich gestutzt ist, ist er dicht gewachsen und hat schon mehrere Tage kein Rasiermesser mehr gesehen. Sein blondes Haar ist nachlässig zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der nicht länger als ein paar Zentimeter ist. Wenn es offen wäre, würde es ihm vermutlich bis zu den Schultern fallen. Einige Strähnen haben sich gelöst und umrahmen ein nahezu perfektes Gesicht mit einer starken Kieferpartie, sinnlichen Lippen und blauen Augen, die in der Sonne wie Gletschereis glitzern.
Und diese Schultern. Sie sind so breit und stahlhart wie der Rest seines Körpers, doch auf Schlittschuhen scheint er so leicht wie eine Feder und so gelenkig wie eine Primaballerina. Mit seiner Größe macht er es dem Gegner unglaublich schwer, den Puck an ihm vorbei ins Tor zu schießen, wobei er mit seiner Beweglichkeit und Schnelligkeit jede noch so kleine Lücke mit Leichtigkeit schließt.
Er ist ein Ausnahmesportler. So viel weiß ich, nachdem ich mehr und mehr über diesen Sport in Erfahrung gebracht habe.
Obwohl ich meine Männer am liebsten in teuren Anzügen oder einfach nur nackt sehe, muss ich mir mit Verwirrung eingestehen, dass er mit seinen abgetragenen Jeans, seinem grauen T-Shirt und den schweren Biker-Stiefeln eine stattliche Figur abgibt, die die meisten Frauen in die Knie zwingen würde.
Aber ich bin nicht wie die meisten Frauen.
Als er mich erblickt, öffnet er überrascht den Mund, doch dann presst er die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Er würdigt mich kaum eines Blickes, als er sich auf den Weg zu seinem Motorrad macht, wobei er im Vorbeigehen murmelt: „Was haben Sie hier zu suchen?“
„Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten“, antworte ich und folge ihm.
„Falls Sie mir schon wieder ein Angebot unterbreiten wollen, lautet die Antwort immer noch ‚Nein‘.“
Callum hat sich bereits mit Drakes Agent auseinandergesetzt, in der Hoffnung, ihn wieder zurück an den Verhandlungstisch zu bekommen, doch er hat sich als äußerst widerspenstig erwiesen. Er will einfach nicht für uns spielen.
„Es wäre schön, wenn Sie mir zuhören würden“, erwidere ich beharrlich, während ich ihn dabei beobachte, wie er die Satteltasche an der Seite seines Motorrads öffnet. Er kramt kurz darin herum und knöpft sie schließlich wieder zu.
„Keine Zeit“, entgegnet er nur und schnappt sich den Helm, der am Riemen des Lenkers baumelt. „Ich habe einen Termin.“
„Wo?“, will ich wissen und trete einen Schritt auf ihn zu. „Vielleicht könnten wir uns danach treffen. Ich könnte Sie zum Essen einladen.“
Drake schwingt ein langes Bein über das Bike und setzt sich. Ich bemerke, wie seine Jeans sich über seine Oberschenkel spannt und muss mich zwingen, ihm ins Gesicht zu blicken. Er setzt seinen Helm auf und zieht den Kinnriemen an.
„Ich gehe in die Kneipe, um ein Bier zu trinken.“
Ich beiße mir auf die Zunge, denn das ist nicht gerade ein wichtiger Termin. Vor allem keiner, den man wahrnehmen muss, nachdem die Besitzerin eines Eishockeyteams eigens für dieses Treffen eingeflogen ist.
Ich strecke meine Hand aus und lege sie auf seinen Arm, und verdammt … diese Muskeln unter seiner warmen, tätowierten Haut sind unglaublich verlockend.
„Schenken Sie mir nur fünf Minuten Ihrer Zeit.“
„Kein Interesse.“
Er richtet das Motorrad auf und klappt den Ständer um, wobei mir erneut auffällt, wie sein höllisch heißer Grätschsitz über dem Ungetüm von Maschine den Stoff seiner Jeans über seine Lenden spannt. Ich kann nicht anders, als ihn zu mustern.
Als ich wieder zu ihm aufsehe, starrt er mich aufmerksam an, und ich schaffe es einfach nicht, den Blick abzuwenden.
Er kneift die Augen zusammen, doch in seinem unterkühlten Ausdruck lodert ein höllisches Feuer.
„Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“
Ich ziehe die Hand von seinem Arm und trete einen Schritt zurück.
„Was meinen Sie?“
„Sie starren mich an.“ Er beugt sich vor, stützt einen Ellbogen auf den Lenker und lässt seinen Blick quälend langsam über meinen Körper schweifen.
„Sie haben nicht gerade einen Hehl daraus gemacht. Wissen Sie, wenn Sie wirklich einen Deal mit mir aushandeln wollen, dann sollten wir vielleicht reingehen und uns drinnen weiter unterhalten.“
Die Bemerkung ist unverschämt, und dennoch versetzten seine Worte mein Blut in Wallung. Aber ich bin in einer geschäftlichen Angelegenheit hier.
„Tut mir leid, ich muss passen. Ich habe zu Hause schon einen Bettgefährten, mit dem ich mich vergnügen kann, falls ich das Bedürfnis habe.“
Drake legt den Kopf in den Nacken und lacht schallend. Seine Zähne sind perfekt und glänzend weiß.
„Ein Bettgefährte, falls Sie das Bedürfnis haben? Meine Güte, Lady, das ist ja erbärmlich.“
„Wie bitte?“, entgegne ich lautstark. Er hat nicht nur Clay beleidigt, sondern sich auch über meine Lebensweise lustig gemacht.
Ich bin eine selbstbestimmte Frau, die Sex hat, wann und wie sie will.
Außerdem hat er mich gerade Lady genannt, und das ist mehr als respektlos.
„Ich bin nicht einfach nur ein Bettgefährte“, erklärt er grinsend. „Ich spiele in der Oberliga, und ich stehe einer Frau nicht einfach für ihre Bedürfnisse zur Verfügung. Ich wecke ihre Begierden, befriedige sie und wecke sie dann erneut. Ich bin die Art von Mann, die Sie dazu bringen würde, mich anzubetteln.“
Ich blinzle ihn fassungslos an. Aber ich bin klug genug, um zu wissen, dass er nur versucht, mich mit seinen dreisten Worten zu provozieren.
Er verzieht den Mund zu einem schiefen Lächeln. „So wie Sie jetzt darum betteln, dass ich für Sie als Torwart spiele.“
Ich bin sprachlos. Ihm ist bewusst, dass er für meine Verblüffung verantwortlich ist, und sein Lächeln verwandelt sich in ein höhnisches Grinsen.
Drake lässt den Motor an, der so laut aufheult, dass ich zurückschrecke.
Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, schiebt er das Motorrad rückwärts aus der Einfahrt und fährt mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen davon.
Einen Augenblick stehe ich wie versteinert da, dann meldet sich mein Geschäftssinn zu Wort. Ich habe schon mit schwierigeren Männern zu kämpfen gehabt, um einen Deal abzuschließen, und er wird auch nicht der letzte sein.
Er schüchtert mich nicht im Geringsten ein, und da ich jetzt weiß, womit ich es zu tun habe, werde ich einfach meine Taktik ändern.
Wie ich schon sagte, kann ich in diesen Absätzen laufen, also jogge ich los und lasse mich auf den Rücksitz des Mietwagens gleiten. „Folgen Sie dem Motorrad.“
„Ja, Ma’am“, sagt der Fahrer und startet den Wagen.
Drake fährt nicht sonderlich schnell, sondern tuckert in gemächlichem Tempo durch die Gegend. Daher dauert es nicht lange, bis wir ihn eingeholt haben und ihn verfolgen, bis er anhält.
Der Fahrer bringt den Wagen zum Stehen und ich mustere das niedrige Betongebäude, an dem die weiße Farbe abblättert. Ein schäbiges Schild mit der Aufschrift „Duke’s Bar“ hängt schief an der Außenwand. Dies ist genau die Art Kneipe, in der ich Drake vermuten würde. Er ist bereits hineingegangen und hat seinen Helm auf dem Sitz seines Motorrads zurückgelassen, welches er neben einem Dutzend weiterer Bikes auf dem Parkplatz abgestellt hat.
„Soll ich den Wagen parken?“, fragt der Fahrer mit argwöhnischem Tonfall.
„Ja, bitte“, antworte ich, obwohl ich nicht minder skeptisch bin.
Hocherhobenen Hauptes betrete ich die Bar, und es dauert ein paar Sekunden, bis meine Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt haben. Hier drin gibt es keine Fenster, und die Wände sind mit einer dunklen Holzvertäfelung verkleidet. Die einzige Beleuchtung besteht aus ein paar Neonschildern, auf denen Bierwerbung prangt, und den Lampen über drei Billardtischen.
Ich fühle mich absolut fehl am Platz. Duke’s ist eine Bruchbude mit einem klebrigen Boden und dem abgestandenen, muffigen Geruch nach Schweiß und Bier.
Sämtliche Köpfe drehen sich in meine Richtung. Ich lasse meinen Blick durch die Kneipe schweifen und denke, dass ich hier vielleicht nicht ganz sicher bin. Eine Handvoll griesgrämig aussehender Männer in Lederwesten beäugt mich, als wäre ich ein Leckerbissen.
Zwar ein fremdartiger, exotischer Leckerbissen, aber dennoch schmackhaft.
Spärlich bekleidete, stark geschminkte Frauen erwecken den Eindruck, als wollten sie mich umbringen, da ich mit meinem schicken Outfit und meinem selbstbewussten Auftreten eine Versuchung darstelle, die sie den Kerlen nicht bieten können.
Wie dem auch sei … ich bin Brienne Norcross, und ich habe schon furchterregendere Kontrahenten im Sitzungssaal zur Strecke gebracht.
Ich erspähe Drake am Ende der Bar, als eine junge Frau mit einem engen Trägerhemd und einem koketten Lächeln ein Bier vor ihm abstellt. Sie ist hübsch und trägt keinen BH, wie man an ihren Brustwarzen erkennen kann, die sich unter dem dünnen Stoff abzeichnen. Ich wette, sie ist der Typ Frau, der nicht nur einen, sondern gleich mehrere Bettgefährten hat.
Natürlich kann ich daran nichts Falsches finden, aber ich brauche jetzt Drakes Aufmerksamkeit.
Ich marschiere zur Bar und setze mich auf den Hocker neben ihm. Er muss sich mir nicht zuwenden, um zu wissen, dass ich es bin, denn er beobachtet mich durch die verspiegelte Wand hinter der Bar.
Die Barkeeperin mustert mich misstrauisch und zieht eine Augenbraue in die Höhe, als wäre ich versehentlich von der Straße hereingeschneit. „Kann ich Ihnen helfen?“
„Ja“, antworte ich und schenke ihr ein einnehmendes Lächeln. „Ich bezahle sein Bier und nehme ein Glas Wein. Was für einen haben Sie?“
Die Frau stößt ein Schnauben aus und Drake lacht leise.
„Was ist so lustig?“
„Wir haben keinen Wein“, antwortet sie. „Sie haben die Auswahl zwischen Bier vom Fass und Bier aus der Flasche. Das hier ist kein schicker Laden.“
Ich erröte und nicke in Richtung der Zapfhähne. „Ich nehme dasselbe wie er.“
Zwischen uns herrscht Schweigen, bis die Frau mit meinem Bier zurückkommt und ich ihr einen Fünfziger in die Hand drücke. „Behalten Sie den Rest.“
Sie beäugt den Schein in ihrer Hand und haucht: „Danke.“
Als sie sich entfernt, wende ich mich Drake zu. „Das machen Sie also tagein, tagaus? Sie trinken in einer Kneipe?“
„Ich genehmige mir nur Bier“, entgegnet er unbeeindruckt. „Mehr trinke ich nicht, wenn ich fahre, vor allem nicht, wenn ich mit dem Bike unterwegs bin.“
„Wo sind Ihre Kinder?“
„Sie sind samstags immer bei ihrer Großmutter.“
„Bei Ihrer Mutter?“, frage ich und bin überrascht, dass er sich überhaupt mit mir unterhält.
„Sie haben sonst keine Familie“, antwortet er gereizt.
Ich ergreife mein Glas und nippe an dem Bier. Es schmeckt scheußlich, aber ich schlucke es herunter. „Haben Sie sonst noch Verwandte in der Gegend?“
Drake wendet sich mir zu. „Erzählen Sie mir einfach, warum Sie hier sind und machen Sie mir ein Angebot, damit ich es ablehnen kann. Und danach können Sie wieder gehen und mich in Ruhe lassen.“
Ich erkenne an seinem Tonfall und an seinem eiskalten Blick, dass er mit seiner Geduld am Ende ist.
„Ich schulde Ihnen eine Entschuldigung. Und zwar eine gewaltige.“
Es ist wahr.
Bei unserem ersten Treffen in Pittsburgh habe ich ihn auf abscheuliche Weise beleidigt, und ich bin nicht stolz darauf. Er war gekommen, um unser Angebot abzuwägen, das wir ihm unterbreitet hatten. Da ich wusste, dass er alleinerziehender Vater ist, fragte ich ihn nach seinen Kindern und wollte von ihm wissen, wie er gedachte, sich um sie zu kümmern, da er viel unterwegs sein würde. Es war eine unglaublich sexistische Bemerkung, die noch dazu völlig unangemessen war. Ich war eine Idiotin.
Nach der Art und Weise, wie die Liga ihn behandelt hatte, war Drake ohnehin auf einen Kampf aus, doch mit meinen Worten habe ich das Fass zum Überlaufen gebracht. Im Grunde sagte er mir, dass ich mich zum Teufel scheren solle.
„Die Frage war wirklich furchtbar“, fahre ich fort. „Ich habe unangemessen gehandelt, und hätten Sie mir die gleiche Frage gestellt, hätte ich Sie geohrfeigt. Ich kann Sie nur bitten, etwas Nachsicht walten zu lassen. Nach dem Unglück war ich ziemlich verwirrt und wusste die meiste Zeit nicht, was ich tat. Es war falsch von mir, und ich kann Ihnen versichern, dass das für gewöhnlich nicht meine Art ist.“
Drake erwidert nichts, sondern hat den Blick auf sein Bier gerichtet.
„Ich nehme an, dass sie bereits wütend zu dem Treffen erschienen sind, weil die Liga Sie im Stich gelassen hat. Im Grunde hat sie Sie verraten. Und da ich die Besitzerin des Teams bin und zugegebenermaßen etwas Dummes getan habe, war es für Sie ein Leichtes, allem einfach den Rücken zu kehren. Also möchte ich mich nochmals bei Ihnen entschuldigen. Ich will eine bessere Repräsentantin der Führungsriege sein, um Ihnen zu beweisen, dass diese Liga auch noch etwas anderes für Sie bedeuten könnte. Sie wurden ungerecht behandelt und einer Sache beschuldigt, die …“
„Was wissen Sie denn schon davon?“, blafft er mich an und wendet sich mir schließlich zu.
„Ich weiß im Wesentlichen, was vorgefallen ist.“
Und das, was vorgefallen ist, war eine Farce. Seine Frau – nun, seine Ex-Frau – beschuldigte ihn, auf sein eigenes Team zu wetten, woraufhin er schließlich aus der Liga ausgeschlossen wurde. Das alles geschah, während er sich von einer Knieoperation erholte, und als er wieder fit war, wollten ihn die Buffalo Wolves nicht mehr verpflichten. Es wurde ihm nie etwas bewiesen, doch alle nahmen das Schlimmste an. Selbst nachdem eine Untersuchung ihn entlastet hatte, wollte niemand mit dem Skandal in Verbindung gebracht werden.
Unser Torwarttrainer, Baden Oulett, legt seine Hand für Drake ins Feuer. Er ist ein Freund von ihm und hat bestätigt, dass diese Geschichten von Drakes Ex-Frau erfunden wurden, als er um das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder kämpfte. Und da seine Ex-Frau drogenabhängig war, hatte er keine andere Wahl, als das Sorgerecht zu beantragen.
Letztendlich entschied das Gericht, dass Drake nicht nur ein liebender Vater, sondern auch das am besten geeignete Elternteil war, um die Fürsorge der Kinder zu übernehmen, und sprach ihm das alleinige Sorgerecht zu. Der Mutter der Kinder wurde ein sehr eingeschränktes Besuchsrecht eingeräumt. Damit war so gut wie bestätigt, dass ihre Anschuldigungen falsch waren, doch niemand in der Liga hat sich seitdem für ihn interessiert.
Außer mir.
Wir haben ihm ein gutes Angebot gemacht, aber er ist zu Recht verbittert. Niemand glaubte ihm, als die Anschuldigungen aufkamen, und die Medien waren rücksichtslos in ihrem Bestreben, daraus eine schmutzige Geschichte über Drogenmissbrauch und Glücksspiel zu machen.
Niemand interessierte sich für einen alleinerziehenden Vater, der von einer rachsüchtigen Frau hereingelegt wurde.
Als sich die Wogen geglättet hatten, schied Drake bitter enttäuscht aus der Liga aus und blickte nie zurück.
Bis die Titans ihm ein Angebot machten und ich ein paar dumme Bemerkungen fallen ließ, die ihn dazu veranlassten, uns den sprichwörtlichen Mittelfinger zu zeigen. Seitdem führt er ein zurückgezogenes Leben in einer Kleinstadt in Minnesota und kümmert sich um seine drei Söhne.
„Bitte überdenken Sie unser Angebot noch einmal.“ Ich schiebe mein Bier beiseite und stütze einen Ellbogen auf den Tresen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Immerhin schenkt er mir seine Aufmerksamkeit.
„Ich weiß, dass Sie wütend sind, aber gibt es einen besseren Weg, es ihnen heimzuzahlen. Sie könnten allen zeigen, dass Sie immer noch zu den Besten gehören, und nun hätten Sie sogar ein Team, das zu einer Million Prozent hinter Ihnen steht. Schließen Sie sich den Titans an, damit Sie es allen, die je an Ihnen gezweifelt haben, zeigen können.“
„Dann glauben Sie die Anschuldigungen gegen mich nicht?“, will er mit zweifelnder Miene wissen.
„Ich habe noch nie an Gerüchte geglaubt. Ich glaube an das, was ich sehe und was sich beweisen lässt. Außerdem hat sich Baden für Sie verbürgt, und ich vertraue ihm voll und ganz.“
Er wirft mir einen flüchtigen Blick zu, bevor er sich wieder seinem Bier zuwendet. Dann greift er nach seinem Glas und nimmt einen großen Schluck.
„Wir brauchen Sie, Drake. Unser Team könnte großartig sein, aber wir brauchen einen zuverlässigen Torwart.“
Er stößt ein freudloses Lachen aus.
„Sie pfeifen wohl aus dem letzten Loch, wenn Sie hier nach einem zuverlässigen Torwart suchen. Da draußen gibt es sicher eine Menge Spieler, die besser geeignet wären.“
„Das ist wirklich enttäuschend“, erwidere ich leise, woraufhin er mich mit einem finsteren Blick durchbohrt. „Sie sind ein eingebildeter Mistkerl. Von einem Mann wie Ihnen erwarte ich, dass er seinen Wert als Spieler kennt. Sie wissen verdammt gut, dass jeder, der sie verpflichtet, sicher nicht aus dem letzten Loch pfeift.“
„Die Leute stehen nicht gerade Schlange, um mir ein Angebot zu machen“, brummt er.
„Wir haben Ihnen ein Angebot gemacht“, kontere ich. „Und es ist ein verdammt gutes. Wir bieten Ihnen eine Summe, die einem erstklassigen Torhüter angemessen ist. Also behalten Sie Ihr Selbstmitleid für sich, denn so eine Chance bekommen nur wenige. Das Angebot gilt noch weitere achtundvierzig Stunden, danach werden wir es für immer zurückziehen.“
Mehr sage ich nicht.
Ich drehe mich elegant auf dem Hocker um, springe mit meinen zehn Zentimeter hohen Absätzen auf den klebrigen Boden und verlasse die Bar, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Drake
Auf der ganzen Welt leben 2.668 Milliardäre. In den Vereinigten Staaten sind es 735, gefolgt von China mit 607.
Unter den fünfzig Spitzenreitern sind nur vier Frauen.
Brienne Norcross ist eine von ihnen und nimmt mit einem Vermögen von 47,3 Milliarden Dollar Platz dreizehn auf der Liste ein.
Diese Information habe ich gegoogelt, weil ich nach ihrem überraschenden Besuch letzten Monat wissen wollte, ob sie einfach nur den Bezug zur Realität verloren hat. Die Tatsache, dass sie derart reich ist und sich sogar ein eigenes Land kaufen könnte, wenn sie wollte, hat nichts Beängstigendes an sich.
Nach allem, was man hört, ist sie eine ehrgeizige Geschäftsfrau, die den Respekt einiger der mächtigsten Männer des Landes – wenn nicht sogar der Welt – genießt.
Richtig … Männer.
Sie ist eine Frau in einer von Männern dominierten Geschäftswelt, und sie hat Eier aus Stahl. Das hat sie bewiesen, als sie vor sieben Wochen in diese Biker-Bar marschierte und mir ihre Entschuldigung aufdrängte.
Es wäre untertrieben zu behaupten, dass es mir nicht gefallen hätte, wie sie zu Kreuze kroch. Doch als sie die Kneipe verließ, nachdem sie mir achtundvierzig Stunden Zeit gegeben hatte, mich zu entscheiden, respektierte ich zumindest ihren Geschäftssinn.
Was die Anziehungskraft betrifft, so wurde ich in dem Moment auf sie aufmerksam, in dem ich den Konferenzraum im Stadion der Titans betrat, um mich kurz nach dem Flugzeugcrash zum ersten Mal mit der Führungsriege zu treffen.
Zuerst hielt ich sie für eine kalte Eisprinzessin, bis sie und ich begannen, uns gegenseitig zu beleidigen und ich sah, was für ein Feuer in ihr loderte. Sie ist der Typ Frau, an der ein Mann sich nur zu gern verbrennt.
Ich schäme mich nicht dafür, dass ich mich mehr als einem schmutzigen Gedanken über sie hingegeben habe, seit sie sich auf diesen Barhocker gesetzt und mir im Grunde die Leviten gelesen hat. Für gewöhnlich drehen sich meine Fantasien darum, dass ich ihren ordentlich gebunden Haarknoten im Nacken ganz durcheinanderbringe, während sie mir einen Blowjob gibt.
So ungehobelt es auch klingen mag, ich bin überzeugt davon, dass diese Frau gut blasen kann. Als sie mir erzählte, dass sie in Pittsburgh einen Bettgefährten hat, fand ich das gar nicht so lächerlich, wie ich vorgab. Es bedeutet, dass sie Sex liebt, und als fortschrittliche, selbstbewusste Frau wette ich, dass sie verdammt gut im Bett ist. Sie wäre der Typ, der alles gibt, und sich nicht scheut, das Gleiche im Gegenzug zu verlangen.
Doch das ist nicht wichtig.
Denn im Moment stehe ich vor ihrem Haus und bin kurz davor, meinen Platz im Team der Titans einzunehmen, also muss ich diese schmutzigen Gedanken beiseiteschieben. Morgen beginnt das Trainingslager, und heute Abend gibt Brienne eine Willkommensparty in ihrem Haus.
Allerdings ist der Begriff Haus nicht ganz zutreffend. Sie wohnt in einer riesigen Villa aus rotem Backstein mit einem Giebeldach, einem Türmchen und einer Menge deckenhoher Fenster, durch die man die hell erleuchteten Räume sehen kann. Als ich mich der Eingangstür nähere, höre ich Musik und Gelächter.
Viele hoffen auf eine gute Saison und da ich mich nun einmal bereiterklärt habe, ein Teil des Teams zu werden, werde ich mich dieser Hoffnung anschließen.
Ich habe die vollen achtundvierzig Stunden gebraucht, um eine Entscheidung zu treffen. Aber ich habe nicht gezögert, weil ich stur war und sie ärgern wollte, sondern weil ich tatsächlich das Für und Wider abwägen musste. Ich bin alleinerziehender Vater von drei Jungs. Zwar hilft mir meine Mutter und verwöhnt sie nach Herzenslust, während meine Schwester im Notfall ebenfalls einspringt, doch ich kümmere mich im Grunde rund um die Uhr um sie. Da ich vor meinem Ausscheiden neun Jahre lang in der Liga gespielt habe, habe ich es fertiggebracht, Millionen zu investieren und muss im Leben keinen Finger mehr krumm machen. Dadurch habe ich alle Zeit der Welt, um meine Jungs großzuziehen, denn von ihrer drogensüchtigen Mutter haben sie nicht viel zu erwarten.
Bevor ich zurück aufs Eis gehe, musste ich sicherstellen, dass ich meinen Söhnen auch weiterhin ein Gefühl von Sicherheit und Liebe geben kann. Sie sind mein Ein und Alles, und ich muss immer in Betracht ziehen, wie sich meine Entscheidungen auf sie auswirken könnten.
Letztendlich war es meine Schwester Kiera, die mich davon überzeugt hat, das Angebot anzunehmen. Sie hat sich bereiterklärt, mit mir nach Pittsburgh umzusiedeln, um mich bei der Erziehung der Jungs zu unterstützen, da sie ihren Job überall ausüben kann. Sie ist Jake, Colby und Tanner eine hingebungsvolle Tante, und nachdem sie mir ihre Hilfe angeboten hat, waren mir die Ausreden ausgegangen.
Im Inneren des Hauses suche ich zuerst nach Baden. Aufgrund meiner Zeit in der Liga, kenne ich einige der anderen Spieler bereits, doch Baden und ich haben zusammen bei den Wolves gespielt, bevor er nach Arizona ging. Damals war ich der Haupttorwart und er der Ersatztorwart, und wir waren eng befreundet. Ich fand es zwar schade, dass er das Team im Zuge des Expansion Drafts verließ, doch er blühte in Arizona auf und wurde zu einem der besten Torhüter der Liga.
Bis er sich eine Verletzung zuzog.
Heute ist er Trainer hier in Pittsburgh, und der Kreis schließt sich für uns beide. Allerdings sind wir jetzt keine Teamkameraden mehr, denn er ist im Grunde mein Chef. Aber ich habe absolut kein Problem damit.
Rechts von mir erblicke ich einen geräumigen Barbereich voller antiker Möbel und wahrscheinlich unbezahlbarer Kunstwerke. Ich hole mir ein Bier und schlängle mich durch die Menge.
Manch einer mag denken, dass es unangenehm ist, in eine Branche zurückzukehren, die mich verraten hat, aber die Spieler hatten damit nichts zu tun. Vielmehr waren die Eigentümer der Wolves, für die ich gespielt hatte, dafür verantwortlich, und nachdem sie mich entlassen hatten, haben sämtliche Teambesitzer und Geschäftsführer mich keines Blickes mehr gewürdigt.
Die Spieler selbst haben sich nie gegen mich gewandt, und meine Freunde blieben mir treu. Diejenigen, die ich nur flüchtig kannte, richteten sich nach meinen Freunden und waren auf meiner Seite. Wahrscheinlich habe ich in jenem letzten Jahr nur deshalb nicht den Verstand verloren, weil eine Menge Spieler, die ich kaum kannte, mir Nachrichten sandten, um mir ihre Unterstützung zuzusagen.
Auf meiner Suche nach Baden, halte ich hin und wieder an, um mich kurz zu unterhalten. Einige der Jungs, die aus der Minor League aufgestiegen sind, kommen auf mich zu, um sich vorzustellen. Ich kann mir Gesichter und Namen gut merken und werde morgen, wenn ich zum ersten Mal mit meinem neuen Team aufs Eis gehe, wissen, wer meine Mannschaftskameraden sind.
Jemand klopft mir auf die Schulter, woraufhin ich mich umdrehe und Baden erblicke, der ein breites Grinsen im Gesicht hat. Wir schütteln einander die Hand, da wir uns schlecht umarmen können, solange wir beide eine Flasche Bier in Händen halten.
„Mann … du hast ja keine Ahnung, wie sehr wir uns freuen, dass du hier bist“, sagt er.
Für ihn ist es jedoch keine Überraschung. Er ist der Erste, den ich angerufen habe, nachdem mein Agent das Angebot der Titans angenommen hatte. Baden ist mit mir in Kontakt geblieben und hat mir in den letzten Wochen sogar geholfen, hier in Pittsburgh eine Bleibe zu finden.
„Hast du dich schon eingelebt?“, fragt er.
„Größtenteils. Ich bin mit dem Motorrad hierhergefahren und habe mich vorgestern mit der Umzugsfirma getroffen. Kiera kommt in ein paar Wochen mit den Jungs nach. Sie muss noch ein paar Dinge hinsichtlich ihrer Arbeit regeln.“
„Ich bin wirklich froh, dass sie hier sein wird, um dir zu helfen.“
„Ich auch.“
Baden zeigt mit einem Nicken in Richtung eines Flurs. „Komm mit nach unten. Ich war gerade im Spielzimmer mit der Gang.“
„Mit der Gang?“ Ich habe absolut keine Lust, mich mit den Trainern oder irgendjemandem aus der Verwaltung abzugeben. Zwar gehört Baden mittlerweile auch dazu, aber in seinem Fall mache ich eine Ausnahme, denn wir haben früher zusammen gespielt. Ansonsten halte ich mich von der Führungsriege fern. Diese Grenze werde ich nicht überschreiten, denn ich bin von ihnen auf brutale Weise verraten worden.
Ich habe zwar Briennes Entschuldigung für ihre unbedachten Äußerungen über meine Fähigkeiten als Vater akzeptiert, aber ich traue weder ihr noch irgendjemandem sonst im Management.
Ausgenommen von Baden.
„Die Gang“, wiederholt er. „Gage und Stone, ihre Freundinnen und meine natürlich auch. Ich möchte dir unbedingt Sophie vorstellen. Coen und seine Freundin Tillie hast du gerade verpasst, aber du wirst ihn morgen im Trainingslager kennenlernen.“
„Ich bin ihm schon einmal begegnet. Cooler Typ. Dann hat er also den Kopf aus dem Arsch gezogen?“
Baden bricht in schallendes Gelächter aus. „Ja, hat er. Das hat er vor allem Tillie zu verdanken, sie hat einen guten Einfluss auf ihn. Aber ihre Beziehung ist noch ganz frisch, daher haben sie es hier nicht lange ausgehalten.“
Er zwinkert mir zu, aber er muss mir nichts erklären. Ich verstehe genau, was er sagen will.
Ich höre eine weibliche Stimme und spanne sofort sämtliche Muskeln im Körper an. Ich würde Brienne Norcross‘ leicht heiseren Tonfall und ihre direkte Art überall erkennen.
Ich werfe einen Blick nach rechts und sehe, wie sie sich mit einem mir unbekannten Paar unterhält. Sie sind älter – vielleicht Anfang sechzig – und ich vermute, dass einer von ihnen in der oberen Führungsebene tätig ist. Vielleicht arbeiten sie auch für ein anderes ihrer vielen Unternehmen.
„Entschuldige mich bitte einen Moment“, sage ich zu Baden. „Ich würde gern kurz mit Brienne sprechen.“
„Aber sicher“, erwidert er, wobei ich mich bereits von ihm abwende.
Die Eisprinzessin sieht heute Abend besonders umwerfend aus. Sie trägt ihr silbrig-blondes Haar offen, das ihr bis zu den Schultern reicht. Ich habe mich bereits gefragt, wie lang es ist, denn ich habe sie nur zweimal gesehen, und jedes Mal hatte sie ihr Haar zu einem Knoten im Nacken gebunden.
Es glänzt wie Seide und umschmeichelt die Kanten ihres Gesichts.
Sie sieht jünger aus.
Sie trägt eine schwarze Hose, deren Beine so weit sind, dass ich sie zuerst für einen Rock gehalten habe. Der Saum berührt fast den Boden, und ich kann gerade noch einen Blick auf einen ihrer Pfennigabsätze erhaschen. Wenn sie ebenso hoch sind wie die verdammten Schuhe, die sie bei ihrem Besuch in Red Wing trug, läuft sie Gefahr, sich den Knöchel zu brechen.
Zugegebenermaßen waren die Schuhe verdammt sexy.
Ihre ärmellose, cremefarbene Bluse ist gerade so weit ausgeschnitten, dass ich einen Hauch von Dekolleté sehen kann. Briennes Haut ist nicht blass, aber auch nicht ganz braun gebrannt. Sie ist perfekt cremefarben und sieht aus, als wäre sie dafür gemacht, berührt zu werden. Ihr einziger Schmuck sind kleine Creolen und eine dünne goldene Halskette mit einer Art Anhänger, den ich nicht genau erkennen kann.
Das ganze Ensemble ist stilvoll, mit einem Hauch sinnlicher Eleganz, den ich von ihr nicht erwartet hatte. Vielleicht bin ich aber auch der Einzige, der sich zu dieser toughen Frau hingezogen fühlt. Es ist schon eine ganze Weile her, seit mich jemand derart erregt hat.
Ich gehe auf sie zu, als das Paar sich glücklicherweise gerade von ihr verabschiedet. Brienne will sich ebenfalls abwenden, doch dann erblickt sie mich und verzieht ihre vollen Lippen zu einem Lächeln. Sie trägt tiefroten Lippenstift, wobei ihr restliches Make-up eher dezent gehalten ist. In gewisser Weise erinnert sie mich ein wenig an Gwen Stefani.
„Drake“, sagt sie warmherzig und streckt mir eine Hand entgegen. „Ich bin so froh, dass Sie es heute geschafft haben. Ich war mir nicht sicher, wann Sie in Pittsburgh ankommen würden.“
Ihre Haut ist so geschmeidig wie ich erwartet hatte, aber sie drückt meine Hand mit festem Griff. Ich kann Leute mit schwachem Händedruck nicht ausstehen, weder Männer noch Frauen.
„Ich bin vor ein paar Tagen eingetroffen“, berichte ich, als ich meine Hand wieder zurückziehe. „Nette Party.“
Sie blickt sich um. „Nun, ich kann leider nicht behaupten, dass ich das viele Essen gekocht habe. Die Caterer sind die wahren Helden hier, und meine Assistentin hat den Großteil der Planung übernommen.“
Das Leben der Reichen und Berühmten. Dennoch möchte ich ihr ein Kompliment machen.
„Es ist schön, dass Sie alle vor dem Trainingslager zusammengebracht haben, damit sie sich amüsieren können.“
Sie lächelt und verschränkt die Hände vor ihrem Körper. „Und Sie sind bereits in Ihr neues Haus eingezogen?“
„Ja … Baden hat mir geholfen, eine Bleibe drüben in North Shore zu finden, nicht weit vom Stadion entfernt.“
„Wollen Sie den Weg zur Arbeit so kurz wie möglich halten?“, erkundigt sie sich. „Viele der Spieler wohnen außerhalb von Pittsburgh.“
„Ich möchte in der Nähe meiner Kinder sein, wenn ich in der Stadt bin“, erkläre ich, woraufhin sie leicht den Mund verzieht. Ich vermute, sie erinnert sich gerade an ihre unangemessene Frage während unseres ersten Treffens.
Brienne räuspert sich und fährt fort. „Sie haben drei, nicht wahr?“
Ich nicke, und werde sofort von einem Schwall von Freude und Liebe durchströmt, als ich an meine Söhne denke. „Jake wird bald sieben, und Colby und Tanner sind fünf.“
„Zwillinge?“, fragt sie erstaunt.
„Man sagt, sie machen doppelt so viel Ärger, aber sie sind gute Kinder. Meine Schwester kommt in ein paar Wochen mit ihnen nach. Sie wird hierbleiben, um uns zu helfen.“
„Das ist ja wunderbar“, ruft sie freudig aus und scheint dann darum zu ringen, was sie als Nächstes sagen soll. „Also, sind sie … sind sie in einem Alter, in dem sie schon lesen können? Ich könnte ihnen Bücher schicken. Oder vielleicht ein paar Spielsachen. Wie wäre es mit Bauklötzen?“
„Sie wissen nicht viel über Kinder, nicht wahr?“, frage ich.
Sie schüttelt den Kopf. „Es fehlt mir in jeder Hinsicht an Erfahrung.“
Aus irgendeinem Grund überrascht mich das nicht. Brienne scheint mir ganz und gar nicht der mütterliche Typ zu sein.
Doch das ist mir egal. Ich bin nicht auf der Suche nach einer Mutter für meine Kinder.
Eigentlich suche ich gar nichts. Es sei denn, sie will mit mir schlafen. Für diese Möglichkeit wäre ich offen.
Noch während mir der Gedanke durch den Kopf schießt, wird mir klar, wie wenig mich dabei die Tatsache berührt, dass sie meine Vorgesetzte ist. Sie könnte mich von heute auf morgen aus dem Team ausschließen, denn sie sitzt auf dem Thron der Titans. Diese Grenze sollte kein Spieler überschreiten.
Dennoch ist es mir scheißegal.
Statt mich davon einschüchtern zu lassen, mustere ich sie unverhohlen von oben bis unten. Sie neigt neugierig den Kopf zur Seite.
„Wo ist Ihr Bettgefährte?“, will ich wissen.
Sie schnappt überrascht nach Luft, doch der schockierte Ausdruck in ihrem Gesicht verschwindet so schnell, wie er gekommen ist. Stattdessen tritt ein herausforderndes Funkeln in ihre Augen.
Brienne verzieht die Lippen zu einem verlegenen und zugleich sinnlichen Lächeln. „Den habe ich an mein Bett gefesselt.“
Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, denn diese Retourkutsche war einfach genial. Ich bin beeindruckt von ihrem Reaktionsvermögen, während mich der Gedanke erregt, dass sie selbstbewusst genug wäre, um einen Mann möglicherweise in diesem Moment an ihr Bett gefesselt zu haben.
Allerdings würde ich mich nie von ihr fesseln lassen. Ich muss immer das Sagen haben, denn wenn man sich schon einmal so schlimm die Finger verbrannt hat wie ich, dann gibt man die Kontrolle nicht mehr aus der Hand.
Man vertraut niemandem, nicht einmal im Schlafzimmer.
„Ich muss schon sagen“, bemerkt sie gedehnt und lässt ihren Blick an mir auf und ab schweifen, „Sie haben sich ziemlich herausgeputzt.“
Ich trage eine Anzughose und ein Hemd. Auch wenn ich Jeans und T-Shirt bevorzuge, weiß ich, wie man sich dem Anlass entsprechend kleidet. In meinem Schrank hängen genauso viele schicke Kleidungsstücke wie Biker-Klamotten.
Ich schaue an mir herunter und hebe dann wieder den Kopf. „Seien Sie ehrlich … die Jeans gefällt Ihnen besser. Und ganz ohne Zweifel mögen Sie meine Tattoos.“
Ihr Blick fällt auf den offenen Kragen meines Hemdes, unter dem die Tätowierungen auf meinem Schlüsselbein zu sehen sind. Als sie mir wieder in die Augen sieht, kann ich den beifälligen Ausdruck in ihren Iriden erkennen.
Doch dann scheint sie sich auf ihre Professionalität zu besinnen. „Flirten Sie etwa mit mir, Drake? Denn das wäre ziemlich unangemessen.“
Ich schüttle den Kopf und beuge mich zu ihr vor. Mit gesenkter Stimme sage ich ihr die Wahrheit. „Ich flirte nicht, sondern ficke. Das ist alles.“
Brienne schnappt nach Luft, wobei sie jedoch weder entsetzt noch schockiert zu sein scheint. Vielmehr stößt sie kaum merklich erregt den Atem aus, während sich ihre kobaltblauen Augen verdunkeln.
Ich mache mir den Moment zunutze und füge hinzu: „Bettgefährten flirten. Doch mir sieht das nicht ähnlich.“
„Und aus welchem Grund ist es wichtig, dass ich den Unterschied kenne?“, will sie wissen, wobei ich mit Genugtuung feststelle, dass ihre Stimme noch heiserer ist als zuvor.
Ich verziehe die Lippen zu einem verruchten Grinsen. „Für den Fall, dass Sie einen Beweis für meine Behauptung brauchen.“
Fasziniert beobachte ich, wie der nachdenklich feurige Ausdruck in ihren Augen der eisigen Miene der Multimilliardärin und Besitzerin eines Imperiums weicht.
„Kein Interesse“, erwidert sie mit ausdruckslosem und leidenschaftslosem Tonfall, während sie ihren Blick über ihre anderen Gäste schweifen lässt.
„Oh, Sie sind interessiert“, entgegne ich wissend, woraufhin sie wieder meinem Blick begegnet.
Jetzt flirte ich ganz sicher.
Aber nicht mit Brienne, sondern mit der Gefahr. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit meinen Worten gerade ein Dutzend Vorschriften gegen sexuelle Belästigung verletzt habe.
Dennoch … ist es mir scheißegal.
Jeder gute Psychologe würde sagen, dass ich der Führungsriege, die mich verraten hat, mit meinem Verhalten eins auswischen will. Ich schlage um mich und teste meine Grenzen aus. Vielleicht will ich sogar die ganze Liga bestrafen, wobei Brienne lediglich eine Repräsentantin ist.
Man könnte sogar behaupten, dass ich einige Probleme noch nicht verarbeitet habe und sie an Brienne auslasse.
Allerdings versuche ich nicht wirklich, sie zu verletzen, denn ich weiß, dass sich diese Frau mit ihrem Mumm und ihrem stählernen Rückgrat von meinem rüpelhaften Gehabe nicht aus der Ruhe bringen lässt. Dafür ist sie viel zu stark.
Zu meiner Überraschung beißt sie sich auf die Unterlippe, als würde sie etwas abwägen. Ich erwarte, dass sie mir eine Ohrfeige verpasst oder mir zumindest für meine Dreistigkeit die Leviten liest.
Stattdessen wirkt sie eher nachdenklich.
Und sogar ein wenig sehnsüchtig. Bei der Erkenntnis verspüre ich ein Ziehen in meiner Lendengegend, das mich zutiefst schockiert.
Brienne neigt jedoch nur den Kopf und schenkt mir ein höfliches Lächeln. „Es war schön, Sie zu sehen, Drake. Ich habe große Erwartungen an Ihre Fähigkeiten auf dem Eis.“
Im nächsten Moment macht sie auf ihren sexy Absätzen kehrt und geht davon, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen.
Ich nehme mir einen Moment Zeit, um die Rundungen ihres Hinterns zu betrachten, während mir klar ist, dass ich nicht nur mit dem Feuer, sondern mit Dynamit spiele.
Und die Gefahr, die damit verbunden ist, ist mir ebenfalls scheißegal.