Mary-Ann Lukin hatte es nie leicht. Nachdem sie die Qualen des Missbrauchs viel zu lange erdulden musste, grenzt es an ein Wunder, dass das Leben ihr noch ein wenig Hoffnung gelassen hat - Hoffnung auf eine glückliche Zukunft.
Max „MadDog“ Duhart hat viele Hürden im Leben überwunden und sich den Respekt verdient, der ihm als Präsident des Original-Charters der Notorious Devils gebührt. Er will die Trauer, die sein vergangenes Leben überschattet, endlich überwinden.
Mary-Anne und MadDog spüren sofort, dass sie etwas verbindet, obwohl sie wissen, dass sie nicht darauf reagieren sollten. Nicht, wenn ihre Familien durch das Band der Bruderschaft des Clubs verbunden sind.
Trotz allem, was gegen ihre Liebe spricht, hat diese sanfte, gebrochene Frau etwas an sich, das in MadDog den Wunsch nach einem Neuanfang wachsen lässt. Und obwohl er rau und unbarmherzig ist, kann auch Mary-Anne ihre Gefühle nicht verleugnen, wenn sie in MadDogs blaue Augen blickt.
Ein Ruf.
Ein Hilferuf.
Eine gemeinsame Motorradfahrt - und das Leben, wie beide es kennen, ist nicht mehr dasselbe.
In einer Welt voller Schmerz und Loyalität entfaltet sich zwischen einer gebrochenen Seele und einem unbarmherzigen Motorradclub-Präsidenten eine verbotene Liebe, die alles verändern könnte – doch die Schatten der Vergangenheit drohen, diese Liebe zu zerstören.
Als Einzelkind musste Hayley Faiman sich mit sich selbst beschäftigen. Im Alter von sechs Jahren begann sie, Geschichten zu schreiben, und hörte nie wirklich damit auf. Die gebürtige Kalifornierin lernte ihren heutigen Ehemann im Alter von sechzehn Jahren kennen und heiratete...
MadDog
Mein Handy vibriert in meiner Tasche und ich schaue nach unten, überrascht von dem Namen, der auf meinem Display erscheint. Mary-Anne Lukin.
„Hallo“, brumme ich ins Telefon, während ich mit meinem Bier in der Hand in mein Büro gehe, wo es ruhiger ist.
„Hier ist Mary-Anne, Bates’ Schwester“, flüstert sie.
Es klingt, als hätte sie fließendes Wasser im Hintergrund laufen, und ich runzele die Stirn, während ich die Tür meines Büros hinter mir abschließe.
„Das weiß ich. Was ist los, Babe?“
„Ich brauche deine Hilfe, MadDog, bitte.“
Ihre Stimme klingt so kleinlaut und ich verspüre reflexartig den Drang,...
...sie zu beschützen. Ich muss ihr helfen. Als ich sie das letzte Mal sah, war sie etwa siebzehn Jahre alt, ein dünnes, schlaksiges Ding mit dichtem schwarzem Haar.
Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen.
Sniper hat sie in ihrer Jugend nicht oft ins Clubhaus mitgebracht, und ich kann ihm das auch nicht verübeln.
„Sag mir, was du brauchst, und es gehört dir“, sage ich mit rauer Stimme.
„Dich, ich brauche dich. Ich brauche Hilfe“, flüstert sie. Es klingt, als wäre sie den Tränen nahe.
Bei ihren Worten wird mein Schwanz steinhart – ich brauche dich.
„Wo bist du? Ich brauche eine Weile, um zu dir zu kommen“, sage ich, während ich aufstehe und meine Schlüssel aus der Schreibtischschublade hole.
Sie gibt mir eine Adresse und sagt mir, dass sie mir eine Textnachricht schicken wird, wenn sich ihr Standort vor meiner Ankunft ändert. „Es ist das Haus eines Typen, der Kerl, mit dem ich mich treffe, aber, MadDog, ich muss da raus“, sagt sie.
Sie fleht nicht mehr. Sie erklärt mir, dass sie verschwinden muss, und sie ist sachlich, gefasst und entschlossen.
„Halte durch, Darling, ich bin so schnell wie möglich da.“
„Danke“, flüstert sie.
Mein Schwanz drückt noch fester gegen meine Jeans.
Verdammt.
Ich bin ein dreckiger Mistkerl.
Sie braucht meine Hilfe, ein junges Mädchen bittet um Hilfe, und ich bekomme schon einen Steifen, wenn ich ihre verdammte Stimme höre.
Herrgott.
„Ich brauche fünf Leute, die mit mir nach San Diego fahren“, verkünde ich, sobald ich wieder in den Barbereich komme.
„Wieso?“, fragt Grease, mein Vizepräsident.
„Sniper vom Idaho-Chapter, seine Schwester braucht unsere Hilfe. Sie steckt in einer unangenehmen Situation und muss da raus“, erkläre ich.
„Scheiße, ja, ich bin dabei“, brummt Grease und steht auf. Vier weitere Brüder melden sich freiwillig, und wir alle gehen schnell zu unseren Motorrädern.
Ich kenne die Einzelheiten ihrer Situation nicht, aber sie hat mich angerufen und nicht Sniper, also vermute ich, dass es wahrscheinlich ziemlich schlimm um sie steht. Sie weiß, dass Sniper ausflippen würde, wenn er erfährt, dass sie ihn zu beschützen versucht.
Familie.
Darum geht es in diesem ganzen verdammten Club, um die Familie. Und ich habe mir vorgenommen, die meinen immer zu beschützen, und dazu gehört auch die kleine Schwester eines meiner Brüder.
Mary-Anne Lukin.
Mary-Anne drückt ihre Titten gegen meinen Rücken und krallt sich mit ihren kleinen Händen in mein T-Shirt oberhalb meiner Taille.
Fuck.
Ich kämpfe dagegen an, dass mein Schwanz in meiner Jeans hart wird. Als sie ihre Schenkel gegen die Außenseiten meiner Beine presst, während ich auf den Freeway aufbiege, stöhne ich auf.
Diese Fahrt zurück in den Norden wird eine gottverdammte Tortur, solange sie hinter mir auf meinem Bike sitzt.
Als ich auf die Auffahrt zu dem Stadthaus einbog, in dem sie sich aufhielt, und sie die Tür öffnete, machten mein Herz und mein Schwanz gleichzeitig einen Sprung bei ihrem Anblick. Sie hatte mir nur wenige Minuten vor unserer Ankunft in der Stadt eine Nachricht geschickt, um mir mitzuteilen, dass sie allein zu Hause war.
Mary-Anne ist groß und schlank. Ihr schwarzes Haar ist glatt und wesentlich länger als damals. Als sie mit ihren blauen Augen meinem Blick begegnete, hätte ich schwören können, dass meine Gefühle direkt in meinen Schwanz schossen.
Nach etwa drei Stunden Fahrzeit gebe ich meinen Männern das Zeichen, an der nächsten Ausfahrt anzuhalten. Wir brauchen eine kurze Verschnaufpause und etwas zu essen, bevor wir den Rest des langen Nachhausewegs antreten.
Außerdem muss ich Mary-Anne ein paar Fragen stellen, um herauszufinden, worauf wir uns eingelassen beziehungsweise wo wir sie herausgeholt haben.
Nachdem ich mein Bike in eine Parklücke vor einem kleinen Diner gelenkt habe, klopfe ich ihr auf den Oberschenkel und warte ab, bis sie von der Maschine gestiegen ist, ehe ich ebenfalls absteige.
Ich nehme meinen Helm ab und strecke die Hand aus, um Mary-Annes Kopfschutz entgegenzunehmen. Ich sehe zu, dankbar für meine Sonnenbrille, wie sie das Haar ausschüttelt und dabei wie ein verdammter feuchter Traum aussieht.
Ohne ein Wort zu verlieren, beobachte ich sie und komme mir dabei wie ein dreckiger Perverser vor. Ich verstaue unsere Helme und probiere, meine Hände zu beschäftigen, damit ich diese nicht über ihren strammen Arsch wandern lasse, der von einer hautengen Jeans bedeckt ist.
Erleichtert atme ich auf, als meine Brüder ebenfalls den Parkplatz erreichen.
„Besorg uns einen Tisch“, befehle ich dem einzigen Prospect, der uns begleitet, einem zweiundzwanzigjährigen Jungen namens West.
Er wird irgendwann einen großartigen Devil abgeben, und ich werde stolz darauf sein, ihn meinen Bruder nennen zu dürfen, wenn der Tag gekommen ist. Er erwidert nichts auf meine Ansage, hebt das Kinn und lässt uns zurück, um das Diner zu betreten.
„Max“, haucht Mary-Anne und kommt einen Schritt auf mich zu.
Ich vernehme das Geräusch ihrer Stiefel, höre, wie ihre Schritte schließlich verklingen, als sie mir ganz nah ist.
Als sie eine Hand hebt und diese auf meine Brust legt, unterdrücke ich ein Stöhnen. Mein Blick wandert sofort zu ihren Fingern. Ich möchte nichts lieber, als ihre zarte Hand in meine zu nehmen und ihren geschmeidigen Körper ganz nah an mich heranzuziehen.
„Mary“, brumme ich.
„Ich glaube nicht, dass ich mich jemals für deine Hilfe revanchieren kann“, sagt sie mit sanfter und süßer Stimme.
Ich schließe die Augen und gebe alles, ihr nicht zu sagen, dass mir ein Weg einfallen würde, wie sie sich dafür bedanken kann. Um ehrlich zu sein, mir kommen mindestens zehn Optionen in den Sinn, was sie für mich tun könnte.
Ich habe keine Ahnung davon, was sie durchgemacht hat. Ich weiß nicht, wieso sie wegläuft, und ich werde sie ganz sicher zu nichts zwingen.
Tatsächlich sollte sie sich so weit es nur geht von mir fernhalten, bevor ich sie hart, schnell, lange und unerbittlich ficke.
„Du gehörst zur Familie“, entgegne ich schließlich.
„Ja.“ Sie seufzt auf und tritt einen Schritt zurück.
„Ich muss wissen, aus welcher Hölle ich dich soeben herausgeholt habe.“ Ich bemühe mich, meine sonst so rau klingende Stimme für sie sanft klingen zu lassen.
„Eine andere Version jener Hölle, in der ich aufgewachsen bin. Aber dennoch eine Hölle“, erwidert sie leise.
Als ich mit der Hand ihre Wange berühre, zuckt sie zusammen. Das ist eine Antwort auf einige der Fragen, die ich habe. Es ist das verräterische Zucken einer Frau, die die Hand eines Mannes zu spüren bekam und im Zorn geschlagen wurde.
„Wir kriegen das schon wieder hin, Babe.“
Ihre hellblauen Augen weiten sich, und ich kann es kaum glauben, doch sie schmiegt ihr Gesicht in meine Handfläche und scheint meine Berührung zu akzeptieren.
„Ich vertraue dir, Max.“ Sie seufzt auf.
Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Das sollte sie nicht tun. Auf gar keinen Fall. Klar, ich werde ihr helfen und ihr körperlich keinerlei Schaden zufügen, aber sie sollte mir verdammt noch mal nicht vertrauen.
Das würde sie auch nicht, wenn sie die Gedanken kennen würde, die mir durch den Kopf gehen, die sich nur darum drehen, was ich mit ihrem Körper anstellen will. Sie würde wahrscheinlich laut um die Hilfe ihres Bruders schreien.
Keine Frau hat je den Drang in mir befeuert, sie beschützen, sie ficken und für sie kämpfen zu wollen, wie sie es tut. Ich habe bloß ein paar Worte mit ihr gewechselt, und doch weiß ich, dass sie etwas Besonderes ist.
Vielleicht wegen der Art und Weise, wie sie mich mit ihren blauen Augen anschaut, vielleicht wegen der Stärke, die sie ausstrahlt. Ich habe keine Ahnung, will dem aber auf den Grund gehen. Noch nie hat eine Frau mich dermaßen berührt, nicht einmal meine eigene Ehefrau – Eleanora.
Ich fühle mich beschissen, denn ich habe Ellie von ganzem Herzen geliebt. Vermutlich weiß ich nun mit etwas mehr Lebenserfahrung, dass das, was ich in diesem Moment für Mary verspüre, anders als all das ist, was ich bisher in meinem Leben empfunden habe.
Fuck.
Ich bin sowas von am Arsch.
„Wir haben einen Tisch“, ruft West uns von der Tür des Diners aus zu.
Ich nehme meine Hand von Mary-Annes Gesicht und nicke ihr zu, woraufhin sie sich in Bewegung setzt und in Richtung Restaurant losmarschiert. Dabei schaue ich ihr natürlich auf den Hintern.
Heilige Scheiße.
Ich bin wahrlich am Arsch.
Mary-Anne
Ich betrete das abgerockte kleine Restaurant am Stadtrand und atme tief ein und wieder aus. Ich kann nicht glauben, dass ich wirklich gegangen bin. Genauso wie ich es immer noch nicht fassen kann, dass MadDog hergekommen ist, mich gepackt und mitgenommen hat.
Die gesamte Situation ist mehr, als ich verarbeiten kann. Insbesondere wegen der Gefühle, die mich durchfluten, sobald ich hinter ihm auf seinem Motorrad sitze und mich gegen seinen Rücken schmiege.
Verdammt, er ist sowas von heiß.
Das habe ich nicht erwartet.
Natürlich, ich wusste, dass er gut aussieht. Sein Sohn Fury ist überaus sexy. Allerdings ist es schon eine gefühlte Ewigkeit her, seit ich seinen Dad zuletzt gesehen habe. Das letzte Mal war ich noch sehr jung.
Jetzt, da ich eine Frau bin, strahlt er keinerlei väterliche Autorität mehr auf mich aus – ich sehe ihn als Mann, einen sehr heißen Mann. Die Art, wie sich seine Muskeln anfühlen, wenn ich mich an ihm festhalte, Gott, ich kann mir kaum vorstellen, wie sie ohne ein Shirt aussehen mögen.
Nervös steuere ich auf den Tisch zu, an dem fünf seiner Brüder sitzen. Es überrascht mich wenig, dass ich keinen von ihnen kenne. Bates hat mich vom Club ferngehalten, nachdem er vom Militär heimgekehrt war.
Der einzige Grund, wieso ich MadDog überhaupt getroffen habe, war, weil Bates mir gestattet hatte, einem Familien-BBQ beizuwohnen, als ich siebzehn Jahre alt war.
Während ich bei Kentlee, MadDogs Schwiegertochter, in Idaho lebte, lernte ich kein einziges Mitglied der Devils kennen. Bates wollte das nicht.
Als ich mich auf einen der freien Stühle setze, starren mich alle fünf Männer an. Ich bin erleichtert, dass wir keine Sitzecke haben, sodass wir uns nicht auf die Bänke quetschen müssen.
Obwohl, an MadDog gepresst zu sein, wäre überhaupt kein Problem.
Der Mann, der derzeit meine Gedanken regiert, lässt sich mit einem ausgedehnten Seufzer neben mich fallen. Ich schaue ihn an und versuche, mein Lächeln zu verbergen. Er hat seine sexy Pilotenbrille mittlerweile abgenommen und studiert die Speisekarte. Er scheint konzentriert, denn er vergräbt die Zähne in seiner Unterlippe.
Ich nehme mir einen Moment, um ihn so richtig zu betrachten. Seine Haare sind eine Nuance dunkler als die von Fury. Allerdings ist MadDog an den Schläfen leicht ergraut. Er trägt einen Bart, den er vor all den Jahren, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, noch nicht hatte.
Er steht ihm verdammt gut. Ich weiß nicht, wie alt er ist. Was ich jedoch sagen kann, ist, dass er glatt als Furys Bruder durchgehen könnte. Er könnte glatt als Furys Bruder durchgehen.
Die Kellnerin tritt an unseren Tisch und nimmt die Bestellungen entgegen. Ihre Augen werden ganz glasig, als ihr Blick von einem Biker zum nächsten huscht. Diese in Leder gekleideten Männer scheinen irgendwie die Gehirne von Frauen zum Stillstand zu bringen – meins eingeschlossen.
„Was darf ich euch bringen?“, erkundigt sie sich, kaut ihren Kaugummi und starrt mich an.
Schnell überfliege ich die klebrige Speisekarte und kann mich nicht entscheiden. Ich bin es nicht mehr gewohnt, in einem Diner zu essen. Kyle wurde nie müde, mich auf Kalorien und Fettgehalte hinzuweisen.
Ich habe mir früher nie Gedanken darüber gemacht, aber nun vermute ich, dass er mich konditioniert hat, ohne dass ich es gemerkt habe.
„Was willst du, Süße?“, murmelt MadDog neben mir.
Aufgrund des zärtlichen Tonfalls und des Kosenamens stockt mir der Atem. Süße. Das gefällt mir ausgesprochen gut.
„Ich nehme einen Salat ohne Dressing und gegrilltes Hähnchenfleisch?“, sage ich, was aber eher wie eine Frage klingt.
„Bullshit“, bellt MadDog. „Sie nimmt den Bacon-Cheeseburger mit Süßkartoffelpommes und einen Schokoladenmilchshake.“
Die Kellnerin entfernt sich, woraufhin ich langsam den Kopf drehe und ihn ansehe. Einerseits bin ich schockiert wegen seines Eingreifens und andererseits völlig von den Socken, dass er für mich bestellt hat. Ich öffne den Mund, um etwas dazu zu sagen, doch er kommt mir zuvor.
„Erzähl uns, was zum Teufel dir widerfahren ist“, hakt er nach.
Ich zucke leicht zusammen und blicke einen Mann nach dem anderen an. Sie sehen allesamt aus, als würden sie auf ihren Stühlen abhängen und faulenzen. Allerdings sind ihre Augen wachsam und auf mich gerichtet.
„Er … er.“ Ich atme zittrig aus. „Vor einer Weile hat Kyle damit angefangen, mich niederzumachen, mich zu beschimpfen. Dann hat er mich geschlagen, jedoch nur zweimal“, gestehe ich ihm leise.
Sofort versteift MadDog sich, und seine Wut ist im gesamten Restaurant zu spüren. „Geht“, verfügt er knurrend. Ich sehe dabei zu, wie seine Männer aufstehen und sich von unserem Tisch entfernen. „Erzähl weiter“, fordert er. Sein Blick ist voll und ganz auf mich fokussiert.
„Er wollte, dass ich mit irgendeiner Führungspersönlichkeit schlafe, die seine Karriere pushen könnte“, wispere ich und schaue auf meinen Schoß hinab.
„Das hat er von dir verlangt?“, hakt MadDog nach.
Ich kann die ungezügelte Wut in seiner Stimme hören und weiß, dass er mich und meine Beweggründe versteht. Ich hebe den Kopf, woraufhin sich unsere Blicke begegnen.
„Die Frauen oder Freundinnen einiger seiner Kollegen haben kein Problem damit, so etwas zu tun.“
„Er ist so gut wie tot“, raunzt MadDog.
„Nein, nein, ich wollte bloß weg von ihm“, erwidere ich und lege eine Hand um seinen massiven Bizeps.
„Er ist verdammt nochmal ein toter Mann“, wiederholt MadDog mit Nachdruck.
Anschließend, als hätte er diese Worte nicht mit vollster Überzeugung ausgesprochen, dreht er den Kopf und nickt seinen Jungs zu, um ihnen zu signalisieren, dass sie zu uns zurückkehren sollen.
Sobald sie sich zu uns an den Tisch gesetzt haben, bringt uns auch schon eine keuchende Kellnerin unser Essen. Während die Männer über ihre Mahlzeit herfallen, herrscht Stille.
Ich blicke auf meinen Teller hinab und frage mich, wie ich den fettigen Burger nur essen soll. Ob MadDog es wohl merken würde, wenn ich ihn nicht anrühre? Als er sich neben mir räuspert, schaue ich ihn an.
„Iss dein Essen, Süße.“
„Es ist viel zu viel.“
„Dir würde etwas mehr Fleisch auf den Rippen sehr gut stehen, Babe.“ Vor Überraschung weiten sich meine Augen, was ihn wiederum zum Lachen bringt. „Beim ersten Windstoß würdest du glatt davonfliegen, Süße.“
„Max“, zische ich mit einer Mischung aus Irritation und Verlegenheit.
Die anderen Männer grinsen, halten jedoch ihre Köpfe gesenkt und essen weiter.
„Wir bekommen erst wieder etwas zwischen die Kiemen, wenn wir zu Hause sind. Das hier muss dich bis dahin satt machen. Also, iss.“
Ich beschließe, keinen Streit mit ihm anzufangen, obwohl er mir so direkt mitgeteilt hat, ich sei zu dünn. Ich war schon immer schlank. Daran hat sich nichts geändert, und wird es auch wohl nie.
Vielleicht, wenn ich eines Tages Kinder bekomme, aber aktuell verspüre ich nicht den Drang, mich fortzupflanzen. Nein, meine Kindheit war zu verkorkst, als dass ich jemals eigene Kinder möchte. Ich wüsste nicht, was ich mit ihnen anfangen sollte.
Ich bin nicht wie mein Bruder. Er ist stets liebevoll und fürsorglich. Er hat sich früher um mich gekümmert und tut es noch immer.
Das soll nicht heißen, dass ich keine Kinder mag, denn dem ist nicht so. Ich vergöttere sie sogar. Ich habe es geliebt, Kentlee mit Bear, als er noch ein Baby war, zu helfen. Aber eigenen Nachwuchs zu bekommen? Ich fürchte, ich hätte keine Ahnung, wie man eine gute Mutter ist.
Ich beginne mit dem Essen. Als ich meinen Burger und meine Pommes sowie die Hälfte meines Milchshakes verputzt habe, habe ich das Gefühl, dass mein Magen jeden Moment explodieren könnte.
„Alles gut?“, erkundigt sich MadDog. Ich schaue auf und stelle überrascht fest, dass wir mittlerweile ganz allein am Tisch sitzen. „Sie warten bei den Bikes auf uns. Ich wollte bloß sichergehen, dass du satt wirst.“ Er zuckt mit den Schultern.
„Danke. Ich …“ Er hält eine Hand in die Höhe, um mich davon abzuhalten, weiterzusprechen.
„Ich hätte nicht so hart zu dir sein sollen. Ich bin diese Scheiße eben nicht gewohnt.“
„Welche Scheiße?“, möchte ich wissen und neige den Kopf zur Seite.
„Frauen, die offensichtlich misshandelt worden sind. Ich habe keine Ahnung, wie man einfühlsam und sanft mit einem Mädchen umgeht. Es ist zu viele Jahre her, und selbst damals war ich nicht sonderlich gut darin.“
Ich schaue ihn an, eine Mischung verschiedenster Gefühle durchströmt mich. Seine Worte verblüffen mich. Ich bin überrascht, dass er zugegeben hat, nicht so recht zu wissen, wie er mit einer Frau umzugehen hat.
Das sagt eine Menge über ihn als Mann aus. Außerdem bin ich wegen der Tatsache überrascht, dass er schroff aber gleichzeitig sehr freundlich ist, und mich bisher noch nie erschreckt hat.
„Du machst das gut“, entgegne ich und stehe auf.
Gemeinsam verlassen wir das Restaurant und gehen zu den Jungs, die bei ihren Motorrädern auf uns warten. Es gibt so viel mehr, was ich MadDog über meine Situation und Kyle erzählen müsste, aber es geht noch nicht. Vielleicht bald, wenn wir allein sind. Im Moment will ich einfach nur so weit wie möglich von Kyle wegkommen.
„Du musst Sniper anrufen“, sagt MadDog, als ich hinter ihm auf seine Maschine steige und mir den Helm aufsetzen will.
Ich ignoriere das. Ich weiß, dass ich meinen Bruder anrufen muss, aber ich möchte es nicht. Deshalb werde ich es vorerst auch nicht tun.
Ich schlinge meine Arme um MadDogs Taille und rutsche dicht an seinen Rücken heran. Als er losfährt, spüre ich die Wärme seines Körpers und schließe die Augen. Weit weg von Kyle. Raus aus der Hölle.
MadDog
Neun verdammte Stunden Mary-Annes Körper zu spüren, der sich gegen meinen Rücken schmiegt, sind eindeutig zu viel für meinen Schwanz.
Ich war noch nie so glücklich, mein Clubhaus zu sehen, wie jetzt. Ich sollte sie zu mir nach Hause bringen, doch hier ist sie sicherer.
Nachdem ich mein Bike geparkt habe, steigt sie zischend und stöhnend von der Maschine. Ich grinse vor mich hin, weil ich genau weiß, wie sie sich nach dieser langen Fahrt fühlt.
Plötzlich laufen meine Gedanken Amok, denn ich stelle mir die Frage, wie es wohl wäre, ihre wunden Schenkel zu küssen, damit es ihr besser geht. Ich schüttle den Kopf. Es spielt keine Rolle, wie es sich anfühlen würde, denn das wird nie passieren. Sie ist so verdammt jung.
„Wie geht es nun weiter?“, erkundigt sie sich. Ihre blauen Augen, aus denen sie mich anstarrt, sind geweitet und wirken ängstlich.
Ich frage mich, wie ihre Augen wohl aussehen würden, wenn sie kommt – sind sie dann noch größer als jetzt?
Würde die Lust in ihnen glitzern?
Würde ihr Körper dahinschmelzen? Oh Gott.
Ich muss dringend jemanden flachlegen. So einfach ist das.
Ich brauche eine verdammte Pussy.
„Du betrittst jetzt das Clubhaus, dann besorge ich dir ein Zimmer und du schläfst bis morgen früh. Wenn du ausgeschlafen bist, setzen wir uns zusammen, damit du mir genau erzählen kannst, wer dieser Bastard ist“, erkläre ich ihr, bevor ich vorausgehe. Als ich spüre, wie sie ihre Hand um mein Handgelenk schlingt, erstarre ich.
„Ich möchte mich bei dir bedanken, MadDog, für alles“, murmelt sie.
„Max“, entgegne ich, ehe ich mich umdrehe und sie anschaue. Sie scheint verstummt zu sein, denn sie blickt mich lediglich verwirrt an. „Ich mag es, wenn du mich Max nennst. Niemand außer Kentlee tut das.“
Ich kann beobachten, wie sich ihre Lippen zu einem kleinen Lächeln verziehen, bevor sie noch näher an mich herantritt, so dicht, dass ihre Brust meinen Unterarm berührt.
Wie erstarrt halte ich in der Bewegung inne und balle meine Hand zu einer Faust, um sie nicht anzufassen. Das würde nämlich bloß dazu führen, dass ich sie hier auf dem Parkplatz ficke, ohne mich darum zu scheren, wer uns dabei sehen könnte.
„Max“, haucht sie heiser.
Ich frage mich, ob sie meinen Vornamen genauso wispern würde, wenn mein Schwanz in ihrer Pussy stecken würde.
„Komm.“ Ich drehe mich um und gehe, wobei ich ihre Hand in meiner halte und sie regelrecht hinter mir herziehe.
Ich muss sie ins Clubhaus führen, sie in ein Zimmer verfrachten und vor mir wegschließen – vor meinem harten Schwanz.
Im Inneren ist der übliche Wahnsinn im Gange – Titten und Ärsche, Gras und Alkohol. Ich befinde mich auf einer Mission, und diese lautet, Mary-Anne sicher wegzusperren. Anschließend muss ich mich um meinen Ständer kümmern, um nicht über sie herzufallen.
Hinter mir höre ich Mary-Anne ausatmen. Ich bin mir sicher, dass sie überrascht von dem ist, was hier abgeht, dennoch halte ich nicht an. Damit der Scheiß, den sie zu sehen bekommt, ihren hübschen kleinen Kopf nicht völlig durcheinanderbringt.
Wenn es nach mir ginge, würde ich sie in einem der Zimmer einsperren und sie nie wieder herauslassen, allerdings ist sie eine siebenundzwanzigjährige Frau.
Irgendwann werde ich sie nicht länger vor all dem Scheiß hier bewahren können – doch heute Abend geht sie auf ihr Zimmer und bleibt dort.
Als wir mein Schlafzimmer im Clubhaus erreicht haben, öffne ich die Tür, stoße sie auf, trete ein und schließe sie wieder mit dem Fuß.
„Max“, sagt Mary-Anne. Ihre Stimme klingt atemlos und erschöpft.
„Das sind meine vier Wände. Hier wird dir niemand auf den Keks gehen. Schließ einfach die Tür hinter mir ab. Ich komme morgen früh wieder, dann reden wir.“
„Warte mal, du lässt mich allein?“ Ihre Augen werden ganz groß. Scheiße, das bringt mich um.
„Ja, du musst dich ausruhen.“
„Aber“, hält sie mit zitternder Unterlippe dagegen, bevor sie auf mich zukommt.
Ich will nicht, dass sie mich anfasst – mir gefallen ihre Berührungen jetzt schon viel zu sehr. Sie hebt eine Hand und legt sie auf meine Brust.
Obwohl ich ein Shirt trage, kommt es mir vor, als würde sie ein Loch in den Stoff brennen. Fuck.
„Ich möchte nicht allein sein.“ Ihre Augen füllen sich mit Tränen.
Ich schüttle den Kopf. Ich kann nicht bleiben, kann nicht mit ihr allein sein. Nicht jetzt, da mein Schwanz hart ist, und sie mich mit ihren großen Augen ansieht. „Hier drinnen bist du sicher.“ Ich trete einen Schritt zurück.
Ohne dem noch etwas hinzuzufügen oder sie ein weiteres Mal anzublicken, drehe ich mich um und entferne mich von ihr. Alles in mir verzehrt sich danach, bei ihr zu bleiben, sie in die Arme zu schließen und ihr zu versichern, dass sie in Sicherheit ist und dass sie mir vertrauen kann.
Allerdings nicht meinem Schwanz.
Mein Schwanz will so sehr in ihr sein, dass ich Angst habe, die Kontrolle zu verlieren. So habe ich mich nicht mehr gefühlt, seit ich ein dummer, hormongesteuerter Teenager war. Ich muss hier weg. Wenn ich nicht gehe, mache ich ihr vielleicht Angst oder verletze sie sogar.
„Hey“, begrüßt mich eins der Clubmädchen, als ich mich auf den Weg zur Bar mache.
Es ist dieselbe kleine Blondine, die mir gestern diesen verdammt miesen Blowjob verpasst hat. Sie klimpert mit ihren langen Wimpern und verzieht ihre rot geschminkten Lippen zu einem Schmollmund. Sie ist verflucht jung, jünger als Mary-Anne, und ich frage mich, was zum Henker ich hier eigentlich tue. Scheiße.
„Ich hätte gern noch eine Kostprobe von dir“, flüstert das Mädchen mit einem verschmitzten Grinsen. Ich bestelle mir ein Bier und ignoriere sie, um einen Schluck aus der soeben bereitgestellten Flasche zu nehmen.
„Du brauchst erst etwas mehr Übung, bevor ich deinen Mund wieder an meinen Schwanz heranlasse“, murmle ich.
Ihre Augen werden ganz groß und ihre Lippen teilen sich. „Wie bitte?“ Sie klingt beleidigt. Verdammt, ich habe keine Lust auf eine Szene.
„Du hast mich schon verstanden“, erwidere ich.
„Ich kann nicht glauben, was du gerade gesagt hast“, entgegnet sie und reckt mir ihre gemachten Titten entgegen.
„Wieso ich das sage? Ganz einfach. Da ich schon lange, lange Jahre meinen Schwanz gelutscht bekomme, weiß ich genau, wie sich ein guter Blowjob anfühlt. Glaub mir, du brauchst noch eine ganze Menge Übung.“
„Ich war überrascht, dass du ihn überhaupt noch hochbekommst, und nun kritisierst du meine Fähigkeiten?“ Ihre Stimme ist verflucht schrill.
„Wow, du bist wohl eine dieser ganz mutigen Zicken, wie?“, höre ich jemanden sagen.
Ich drehe mich um und sehe, dass Mary-Anne mit der Hand in die Hüfte gestützt dasteht. Ich hebe überrascht die Augenbrauen und stehe auf.
„Wer zum Teufel bist du?“, kreischt das Blondchen. Gott, diese verdammten Weiber sind unausstehlich.
„Das geht dich nichts an. Verpiss dich, bevor ich dich entfernen lasse“, sage ich, ohne Mary-Anne dabei aus den Augen zu lassen. „Was machst du hier unten?“, richte ich nun das Wort an sie und ziehe fragend eine Braue in die Höhe.
„Ich konnte nicht schlafen, obwohl ich es wollte“, erklärt sie und zuckt mit den Schultern.
„Willst du dich betrinken?“
„O ja, bitte“, erwidert sie seufzend.
Ich greife über die Theke und schnappe mir eine Flasche Tequila, bevor ich mit dem Kopf in Richtung meines Büros deute. Ich setze mich nicht mit ihr an den Tresen und besaufe mich, während eine Menge Scheiß im Clubhaus abgeht.
Ich bin eben ein egoistischer Arsch, denn ich kann praktisch spüren, wie meine Brüder bei jedem Schritt, den sie durch die Bar macht, nach ihr lechzen.
Allerdings will ich sie für mich allein, will, dass ihre blauen Augen sich nur auf mich konzentrieren.
Für Stunden.
Tage.
Heilige Scheiße – vielleicht sogar für Jahre.
Mary-Anne
Ich eile Max hinterher – Max. Obwohl ich ihn schon das ein oder andere Mal beim Vornamen angesprochen habe, habe ich meistens seinen Straßennamen benutzt. Ich gebe zu, es gefällt mir, ihn Max zu nennen. Sein wahrer Name klingt weniger hart oder ruppig als MadDog.
Er wirkt auf andere zwar abgebrüht und knallhart, doch ich glaube, dass noch so viel mehr in ihm steckt. Ich habe bereits eine Sanftheit in ihm gesehen, die mich sehr überrascht hat. Mir gefiel das ausgesprochen gut.
Während ich ihm folge, begutachte ich seinen Hintern. Seine Jeans passt wie angegossen, als hätte er sie maßschneidern lassen, um den verführerischsten Teil seines Körpers perfekt in Szene zu setzen. Ich versuche, seinen Po nicht ununterbrochen anzustarren, scheitere allerdings kläglich.
Nachdem wir sein Büro betreten haben, dreht er sich zu mir um. Da ich mit den Augen jedoch noch immer seine Hose inspiziere, fällt mein Blick nun auf seinen Schritt. Unweigerlich frage ich mich, was sich wohl hinter dem Reißverschluss verbirgt. Alles an ihm scheint stattlich und mächtig zu sein, weshalb ich nicht drum herumkomme, darüber nachzudenken, ob dies wohl auch auf diesen Teil zutrifft.
Max räuspert sich. Ich blicke auf und sehe, dass er grinst. Vermutlich, weil er bemerkt hat, dass ich ihn angestarrt habe.
Mein Gesicht wird aufgrund der Peinlichkeit ganz warm. Lachend wendet er sich dem Schreibtisch zu und holt zwei Schnapsgläser aus der Schublade.
Ich sehe ihm dabei zu, wie er die Gläser mit Tequila befüllt, ehe er mir eins davon reicht. Ohne darüber nachzudenken, kippe ich die Flüssigkeit herunter. Ich zische, da der Alkohol auf seinem Weg in den Magen brennt. Während Max sein Glas leert, bleiben seine Augen auf mich gerichtet.
„Wieso konntest du nicht schlafen?“, erkundigt er sich, nimmt mir mein Glas ab und schenkt uns eine weitere Runde ein.
Ich zucke mit den Schultern. „In meinem Kopf ging es drunter und drüber.“
„Erzähl mir von ihm“, sagt er und reicht mir einen weiteren Shot.
Ich nehme das Glas an mich und stelle beim Trinken fest, dass das Brennen diesmal weniger stark ist, allerdings kribbeln meine Lippen. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal betrunken war – vielleicht mit einundzwanzig oder so.
„Kyle arbeitet im Finanzwesen, trägt Anzüge, liebt Wein und besucht gern schöne Restaurants. Er hat mir Blumen gekauft und war so nett zu mir“, beginne ich und atme zittrig aus, ehe ich den dritten Kurzen trinke, den Max soeben eingegossen hat.
„Bis?“, hakt er nach, da ich verstummt bin.
„Bis er Bates kennengelernt hat“, gestehe ich ihm im Flüsterton.
„Was zum Teufel hat Bates damit zu tun?“
Ich wedle mit meinem Schnapsglas herum, um ihm zu zeigen, dass es leer ist und nachgeschenkt werden kann. Seufzend gießt er mir einen weiteren Shot ein. Erst nachdem ich ihn heruntergekippt habe, fahre ich fort.
„Nachdem er auf Bates getroffen ist, fing er an, mich zu beleidigen und anders zu behandeln. Vermutlich hat er mich mit anderen Augen gesehen, nachdem er herausgefunden hatte, dass mein Bruder Mitglied eines MCs ist. Ich weiß es nicht, zumindest hat er mich anschließend geschlagen.“ Das Bersten seines Glases lässt mich zusammenzucken. Ich hebe den Blick und sehe, wie sich Max’ Brustkorb mit schweren, schwerfälligen Atemzügen hebt und senkt. „Es waren bloß zwei Schläge, die nicht schlimm gewesen sind. Ich habe schon Schlimmeres erlebt.“
Doch ich hätte nichts Schlimmeres sagen können. Ich weiß das, weil er mir bedrohlich nahekommt. Ich weiche soweit zurück, bis ich mit dem Rücken gegen die Wand pralle und nirgendwo anders hin kann.
Als ich sehe, wie er seine Hand hebt, zucke ich zusammen. Glücklicherweise legt er sie in meinen Nacken. Zittrig atme ich aus, da er mit seinem Daumen über meine Unterlippe streicht.
„Er ist ein toter Mann. Genauso wie das Stück Scheiße, das du Vater schimpfst“, bellt er.
„Max“, hauche ich.
Er neigt den Kopf zu mir herab. Seine Lippen sind mir so nah, dass sie praktisch auf meinen liegen.
„Sie sind beide tot, Mary-Anne. Kein Mann darf eine Frau auf solche Weise berühren. Kein Mann fasst eine anständige Frau auf diese Art an und atmet weiterhin saubere Luft.“
Ich sauge meine Lippen ein, presse sie regelrecht zusammen und vergrabe meine Zähne in der Unterlippe, während ich in seine wilden blauen Augen blicke. Nun hebe ich ebenfalls die Hand und lege meine Finger um seinem Nacken, um sie durch sein mittellanges Haar gleiten zu lassen.
Ich kann den Blick nicht von seinen Augen abwenden. Sie halten mich wie eine Geisel gefangen. Sein warmer Atem, der mein Gesicht umspielt, in Kombination mit seiner Ernsthaftigkeit, seiner Wut auf Kyle und meinen Vater, lässt mich ihn nur noch mehr wollen.
Noch nie bin ich auf einen Mann wie ihn getroffen, der sich so sehr darum gesorgt hat, wie ich behandelt wurde. Nicht einmal Bates hat es derart interessiert.
Mein Bruder hat mich meinem Schicksal überlassen. Mir ist klar, dass er dies nur getan hat, um sich selbst zu retten. Ich habe ihm das nie vorgeworfen, nicht ein einziges Mal.
„Max“, sage ich, bevor ich mich von der Wand abdrücke, um meinen Körper gegen seinen zu pressen.
Ich habe keine Ahnung, wieso ich das tue, sondern weiß nur, dass ich es mag, wie es sich anfühlt.
„Wenn du das tust, Süße, wenn du damit anfängst, werde ich es beenden“, erwidert er warnend, was mich alles andere als abtörnt. Im Gegenteil, seine Worte erregen mich nur noch mehr.
„Ich bin ein großes Mädchen“, wispere ich.
„Ja, aber die Scheiße, die du durchgemacht hast? Du kannst nicht klar denken“, entgegnet er knurrend, während sein Blick auf meine Lippen gerichtet ist.
Ich öffne den Mund, nur um zu sehen, wie sich seine Pupillen weiten und sich seine Nasenlöcher vor Verlangen blähen.
Ich bin noch nie so eine Art von Frau gewesen. Nie zuvor habe ich mich einem Mann an den Hals geworfen. Und doch bin ich hier – ich biedere mich ihm ungeniert und schamlos an.
Ich baggere einen Mann an, der deutlich älter ist als ich. Einen Mann, der rau und vom Leben abgehärtet ist. Einen Mann, der all das verkörpert, was ich nie zuvor begehrt habe. Allerdings verzehre ich mich mehr nach ihm, als ich mich je nach einem Mann gesehnt habe – in meinem ganzen Leben.
„Ich will nicht mehr denken“, gebe ich zu.
„Mary-Anne“, warnt er mich.
Ich ignoriere es. Ich brauche keine weiteren Mahnungen.
Ich will, dass er mich berührt.
Ich will, dass er mich wieder etwas fühlen lässt.
Ich will, dass er mich rettet.
Ich will ihn aus den falschen Gründen, doch das ist mir vollkommen egal.
Ich neige den Kopf zur Seite, woraufhin meine Lippen sich dicht bei seinem Ohr befinden. Ich flüstere ihm etwas zu, appelliere an das Tier in ihm und spreche nicht zu dem Mann, der die Kontrolle innehat.
Ich rede auf das Wesen ein, von dem ich weiß, dass es kurz davor ist, auszubrechen und mich zu nehmen, ohne an die Konsequenzen zu denken.
„Ich will, dass du mich fickst, Max. Ich möchte deine Hände auf meinem Körper spüren, und ich will, dass du mich hart nimmst. Lass mich den Schmerz fühlen.“
„Fuck.“ Stöhnend tritt er einen Schritt zurück.
Als ich ihn auf die Bürotür zugehen sehe, macht sich die Angst in mir breit, dass er mich hier drinnen allein zurücklässt.
Mit angehaltenem Atem beobachte ich, wie sich seine Hand um den Schlüssel schließt, um die Tür zuzusperren.
Er dreht sich wieder zu mir um und grinst. Es ist ein ungezähmtes, ein wildes Lachen, und somit genau das, was ich wollte – es ist verdammt ursprünglich.